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Wer bremst den nimmermüden Lebron James?

Foto: AP/GUNTHER

Wien/Miami - Der König und seine Gefolgschaft hätten verschnaufen können. Mit einem Rückstand von 13 Punkten in den letzten achten Minuten, hätten Lebron James und die Miami Heat eines von 82 höchst strapaziösen Saisonspielen abschenken können. Am Vorabend turnte man noch in Toronto, nun in Boston. Der Spielkalender der NBA ist erbarmungslos. Und freilich ging es um so viel mehr. Miami machte 22 der letzten 29 Punkte der Partie, gewann bei den Celtics und hält nun bei 23 Siegen in Folge.

Die Flammenwerfer aus Florida machen der Konkurrenz gewaltig den Garaus und ja, Lebron James ist noch nicht satt obwohl er sich im vergangenen Jahr mit Titeln und Auszeichnungen vollgestopft hat (NBA-Champion, MVP, Olympiasieger etc.). 

Nicht zu vergessen

Miami hat Historisches vor, vielleicht redet man über ihren Rekord auch noch in 40 Jahren, so wie bis dato über die Traummarke der Los Angeles Lakers aus der Saison 1971/72 (33 Siege). Eine Titelgarantie ist der Lauf freilich nicht: Die Lakers wurden seinerzeit mit Jerry West und Wilt Chamberlain zwar genauso Meister wie die 20 Spiele unbesiegten Milwaukee Bucks mit Kareem Abdul-Jabbar (1970/71) – die Houston Rockets (22 Siege 2007/2008) scheiterten aber mit einem Haufen Rollenspielern in den Playoffs genauso wie die Washington Capitals im Jahr 1949 (ebenfalls 20 Saisonsiege).

Der Pokal könnte als Abonnement für die Miami Heat gebucht sein, solange die Truppe aus dem Sunshine-State intakt bleibt. Unantastbar sind aber klarerweise nur die Gesetze der Natur. Auch dieses vor Talent strotzende Team ist schlagbar.

Wie Miami zum Erfolg kommt:

  • Lebron James: Wenn der 28-Jährige heuer nicht erneut die Auszeichnung als bester Spieler (MVP) abräumt, dann frisst der Autor dieser Zeilen einen Besen. James verbucht im Schnitt 26.5 Punkte, 8.2 Rebounds und 7.1 Assists, seinen heurigen Rekord von sechs Spielen infolge mit 30 oder mehr Zählern bei einer Wurfquote von mindestens 60 Prozent, dürfte so mancher schon wieder verschwitzt haben. James schraubt sein Spiel kontinuierlich in neue Höhen, kennt keine Müdigkeit, ist mental mittlerweile unzerstörbar und verkörpert die Titel-Garantie.
  • Der Spagat: In der Liste der gefährlichsten Offensiv-Teams rangieren die Miami Heat auf Platz fünf. Für 103.5 Punkte im Schnitt brauchen sie aber die wenigsten Wurfversuche der ganzen Liga. Ein wunderschönes Exempel, das zeigt, dass es nicht notwendig ist, aus allen Rohren zu feuern um effizient Basketball spielen zu können. Miami Heat, das heißt auch Kontrolle.
  • Dwyane Wade: Der in der Pre-Lebron-James-Ära die gesamte Last auf seinen Schultern tragende Wade trifft so hochprozentig wie noch nie (über 52 Prozent aus dem Feld) und ist Miamis gefährlichste Option beim Zug zum Korb. Seit die Heat ihre Siegesserie eingeläutet haben, hat nur ein Spieler (der mittlerweile verletzte Tony Parker) mehr Würfe in der Zone genommen als Wade. Wobei letzterer fast Dreiviertel seiner Versuche verwandelt. Ein unglaublicher Wert, der nur von Inside-Spielern a la Blake Griffin übertroffen wird, die den Ball mit Gewalt durch den Ring stopfen.
  • Die Kombination: Wenn Lebron James gemeinsam mit seinem Sidekick Dwyane Wade auf dem Feld steht, können die Stoßgebete des Gegners losgehen. Mit James und Wade scoren die Heat im Schnitt sagenhafte 120 Punkte wenn sie 100 mal in Ballbesitz sind: Um 22.5 Punkte mehr als die Konkurrenz.

Wie Miami zu schlagen ist:

  • Dominanz am Rebound: Unglaublich, aber wahr: Mit 38.5 Rebounds im Schnitt räumt kein Team in der Liga weniger Abpraller vom Korb ab als Miami. James ist der Hansdampf in allen Gassen: Nicht nur, dass er vorne die Scoring-Last trägt, pflückt er auch die meisten Rebounds seiner Mannschaft (8.2). Ein Wert von 6.8 spricht nicht unbedingt für Chris Bosh, den etatmäßigen Forward/Center. Viele richtig gute Riesen tummeln sich nicht unter dem Korb von Miami. Die Indiana Pacers haben Miami heuer bereits zweimal geschlagen, dabei am Offensivrebound total dominiert und sich nicht an die kleinere Aufstellung der Heat angepasst. Da der Titelverteidiger aber trotz dieser schwachen Statistik den Rest der Liga paniert, muss die Frage erlaubt sein, wie wichtig dieser Aspekt des Spiels eigentlich ist. Ein mögliches Playoff-Duell mit den Pacers wird trotzdem eine explosive Angelegenheit.
  • Keine Turnover ohne Spielunterbrechung: Stibitzt Miami dem Gegner den Ball im Fluss des Spiels, ist dieser eigentlich schon erledigt: Am Gegenangriff dauert es meist nicht länger als ein Augenzwinkern bis die Heat den richtigen Mann am Dreier oder unter dem Korb gefunden haben. Nur neun Mannschaften haben gegen Miami mit weniger als zehn Punkten verloren oder sogar einmal gewonnen. Sechs davon hatten eine fantastisch niedrige Quote an Ballverlusten im Spielfluss (Milwaukee 4.8; Houston 6.5; Denver 7.0).
  • Das geringere Übel akzeptieren: Gegnerische Teams versuchen natürlich in erster Linie James und Wade in Schach zu halten und vernachlässigen die Bewachung von Rollenspieler wie Udonis Haslem, Mario Chalmers und in manchen Fällen auch Chris Bosh. Hier beginnt aber der Albtraum für die Defense, denn ein achtmaliger All-Star wie Bosh ist auch kein Würschtel. Sobald die gegnerischen Riesen von ihm weg gehen um in der Zone bei Attacken von James oder Wade dicht zu machen, offeriert sich Bosh in die Mitteldistanz und trifft von dort hochprozentig (über 50 Prozent). Alle Optionen kann man im Basketball nie verteidigen. Was dem Gegner jedenfalls nicht schaden kann: Ein direkter Gegenspieler für James, der ihm körperlich nicht völlig unterlegen ist (beispielweise Milwaukee’s Luc Richard Mbah a Moute, Memphis’ Tony Allen, Indiana’s Paul George, etc.).

Der Run der Heat geht jedenfalls weiter und der Blick auf den Kalender darf die Mannschaft weiter von einem neuem Rekord träumen lassen. In den nächsten vier Spielen warten mit Cleveland, Detroit, Charlotte und Orlando keine großen Kaliber. Am 31. März gibt es ein Treffen mit den San Antonio Spurs. Im Endeffekt geht es aber natürlich nur um Titel und um bestmögliche Leistungen in den Finalspielen im Mai und Juni. Hoffentlich haben der König und seine Gefolgschaft ihr Pulver nicht zu früh verschossen. (Florian Vetter, derStandard.at, 19.3.2013)