Bild nicht mehr verfügbar.

Grafik: APA

Österreichs gemeinnützige Bauvereinigungen haben im Vorjahr 13.900 Wohnungen fertiggestellt. Im Vergleich zum Jahr 2011 entspricht das einem Minus von 3.300 Wohnungen oder 19 Prozent. Diese Zahlen gab der Obmann des Verbands gemeinnütziger Bauvereinigungen (gbv), Karl Wurm, am Dienstag in einer Pressekonferenz bekannt.

Unterdurchschnittliche Bauleistung

Wurm hatte schon im Vorjahr darauf hingewiesen, dass die 2011 errichteten 17.300 gbv-Wohnungen nur ein "Zwischenhoch" sein würden. Diese Einschätzung habe sich nun "voll bestätigt", so Wurm. Für heuer rechnet er mit einem weiteren leichten Rückgang auf 13.700 Wohneinheiten, 2014 sollte es dann wieder leicht bergauf gehen, auf rund 14.300.

Dennoch werde man damit unter dem langjährigen Durchschnitt von rund 15.000 Wohnungen bleiben, so der gbv-Obmann. Zu Jahresbeginn 2013 waren 23.200 Wohneinheiten in Bau, das waren um rund 1.700 oder sieben Prozent weniger als ein Jahr zuvor.

Zu wenig leistbarer Wohnraum in Wien

In Wien setzte es nach dem "außerordentlich guten" Baujahr 2011 mit damals rund 5.000 neuen Wohnungen 2012 wieder ein starkes Minus von 43 Prozent auf nur noch 2.900 fertig gestellte gbv-Wohnungen. Heuer dürften wieder etwas mehr neue Wohneinheiten fertiggestellt werden, nämlich rund 3.500.

Dennoch sei diese Zahl zu gering, so Wurm: Einerseits gäbe es den weiterhin starken Zuzug in die Bundeshauptstadt mit jährlich 15.000 bis 20.000 neuen Bewohnerinnen und Bewohnern, andererseits mangle es in Wien vor allem an leistbarem Wohnraum: "Durch die Aushungerung des geförderten Neubausektors droht der ausgewogene stabile Wohnungsmarkt in eine gefährliche Schieflage zu geraten", warnte Wurm – insbesondere auch wegen der "dürftigen Einkommensentwicklung breiter Bevölkerungsschichten".

7.000 Wohnungen "sofort nötig"

Inklusive der freifinanzierten Einheiten geht der gbv-Obmann von einem weiter hoch bleibenden bundesweiten Neubaubedarf von 48.000 Wohneinheiten pro Jahr aus. Weil im frei finanzierten Wohnbau im Vorjahr rund 26.000 Wohneinheiten errichtet wurden, habe der Rückgang im geförderten Wohnbau (der - inklusive Nicht-gbv-Wohnbauten und Eigenheimen, bei 23.000 Einheiten lag) kompensiert werden können. Weil aber der Boom im freifinanzierten Segment 2014 zu einem Ende kommen dürfte, ist "die Deckung des Wohnungsbedarfs gefährdet", so Wurm.

Der Anteil des gemeinnützigen Sektors am gesamten mehrgeschoßigen Wohnbau sei mittlerweile nämlich von einst 70 auf nur noch 46 Prozent geschrumpft. Nur in diesen geförderten Bauten gelte aber der Grundsatz "einmal gemeinnützig, immer gemeinnützig"; das heißt, dass anders als in den Bauten privater Bauträger im gemeinnützigen Segment die Mieten auch nach Auslaufen der Förderung dauerhaft niedrig bleiben, nämlich konkret an den niedrigsten (=burgenländischen) Richtwert gebunden.

Zweckbindung: "Ja, aber nicht nur"

Wurm hält eine Bauleistung von jährlich rund 30.000 geförderten Wohnungen für nötig. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, seien aber mehr Maßnahmen nötig als bloß die derzeit heftig diskutierte Zweckbindung bei der Wohnbauförderung wieder einzuführen, davon ist Wurm überzeugt. Nicht zuletzt deshalb, weil in manchen Bundesländern kaum noch verfügbare Mittel vorhanden seien.

Es müssten auch neue Finanzierungsformen erschlossen werden, beispielsweise unter Einbindung der Pensionskassen. Auf deren Gelder wirft man bei den Gemeinnützigen ohnehin schon länger ein Auge, und diese sollen - auch nach ihrem eigenen, erst kürzlich geäußerten Wunsch - bis zu zehn Prozent ihrer Veranlagungen im Wohnbau tätigen können. Eine Rendite von drei bis vier Prozent werde für sie dabei allerdings nicht drinnen sein, erklärte Wurm: "Das hieße nämlich um 20 Prozent höhere Mieten und wäre ungeeignet für Nachfrager mit geringen Einkommen. Wir haben bei Mieten derzeit nur zwei Prozent unterlegt."

1,4 Milliarden Euro fehlen

Auch die Wohnbaubanken könnten eine stärkere Rolle spielen, sagte Wurm. Das Volumen der von diesen begebenen Wohnbauanleihen ist von 2007 bis 2012 um rund 80 Prozent bzw. um 1,9 Milliarden Euro auf nur mehr rund 470 Millionen Euro gesunken. Zusammen mit der Reduktion der Bausparmittel fehlten dem Wohnbau damit Langfristgelder in Höhe von etwa 1,4 Milliarden Euro.

Dass die Zinsen insgesamt derzeit niedrig seien, sei positiv für die Wohnbauwirtschaft. Doch hätten die Bauträger mit deutlich höheren Zinsaufschlägen und markant kürzeren Laufzeiten der Darlehen zu kämpfen, kritisierte der gbv-Obmann. Die Liquiditätsaufschläge bei Neubauprojekten hätten sich von 2010 bis 2012 im Schnitt von 70 auf 123 Basispunkte erhöht, bei einer Bandbreite von 100 bis 200 Basispunkten, also ein bis zwei Prozent. Zudem hätten die Banken ihr Fristentransformationsrisiko zu den Kunden ausgelagert: Denn während die Darlehenslaufzeiten früher 25 bis 30 Jahre betrugen, seien es aktuell im Schnitt nur noch zwölf Jahre.

"Dreiprozentige Sanierungsrate schon erreicht"

Um die Neubauförderung "wirksam zu entlasten", sollten für die Wohnhaussanierung außerdem ebenfalls alternative Finanzierungsinstrumente, etwa Förderprogramme der Europäischen Investitionsbank, herangezogen werden. Gerade in der Sanierung sei es nämlich in den letzten Jahren zu einem wahren "Hype" gekommen, der dazu geführt habe, dass das in der Klimastrategie der Bundesregierung angepeilte Ziel von einer dreiprozentigen Sanierungsrate aktuell bereits erreicht worden sei, erklärte Wurm unter Bezugnahme auf eine gbv-eigene "realitätsnähere" Definition der Sanierungsrate (inklusive der "Teilsanierungen" im Rahmen der "Sanierungsscheck"-Aktion des Bundes). Die Gemeinnützigen fahren ihre Sanierungsausgaben bereits seit mehreren Jahren wieder zurück, weil 90 Prozent der vor 1980 errichteten Wohnhäuser bereits thermisch saniert seien.

Insgesamt verwalten die 192 österreichischen Gemeinnützigen einen Bestand von 556.000 eigenen Miet- und Genossenschafts- sowie 248.000 Eigentumswohnungen. Jeder fünfte Österreicher lebt damit in einer von Gemeinnützigen verwalteten Wohnung. (Martin Putschögl, derStandard.at, 19.3.2013)