Péter Esterházy zu Gast bei "les.art": Die Sendung gibt's hier auf tvthek.orf.at zum Nachsehen.

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Es mag eine allzu traditionelle Herangehensweise sein, Kulturschaffende auch in ihrer Funktion als Intellektuelle wahrzunehmen und sie nach der politischen Lage zu fragen. Immer weniger scheinen sich in dieser Rolle wohlzufühlen; ein Grund dafür mag wachsende Unübersichtlichkeit sein – oder auch die Gefahr, sich in der medial beschleunigten Wirklichkeit falsch beziehungsweise verkürzt wiedergegeben zu finden.

Dass der Schriftsteller Péter Esterházy auf die vielleicht etwas zu zögerlich gestellte Frage von Christian Ankowitsch in der Literatursendung les.art, ob er sich zur Situation in Ungarn äußern möchte, wie Bartleby "Lieber nicht" sagte, kam dennoch etwas überraschend. Schließlich macht sich Orbáns Umfärbepolitik gerade im kulturellen Feld, von Besetzungen im Neuen Theater bis zur Kunstakademie, bemerkbar. Esterházy selbst wurde wiederholt verbal angegriffen, nicht zuletzt mit deutlich antisemitischer Färbung.

Dennoch meinte der Autor nun, er habe zu Orbán und für seinen Zuspruch keine Erklärung; der Judenhass sei in Ungarn nicht größer als anderswo, nur zeige er sich weit aggressiver, schonungsloser in der Öffentlichkeit. Das mag stimmen oder auch nicht – an der Irritation, dass ein heller Kopf dem nicht entschiedener entgegentritt, ändert es nichts.

Womöglich hat Esterházy, dieser Vertreter "des Ernstes des Unernstes", genug davon, im Ausland den moralisch Aufrechten zu geben und damit ein Überlegenheitsgefühl der Fragenden zu bedienen. Solch ein Abschottungsreflex gegenüber internationaler Kritik ist gerade in Österreich gut bekannt – dass man damit nicht weiterkommt, leider auch. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD, 20.3.2013)