Wenn im Freundeskreis über dräuende Wahlen oder Volksbefragungen diskutiert wird, gibt es eine Gruppe, die bei dem Thema immer bloß mit den Schultern zucken kann. Viele Menschen in Österreich müssen sich nicht entscheiden, sie dürfen sich nicht entscheiden - keine Staatsbürgerschaft, kein Wahlrecht, so einfach ist das. Allein in Wien betrifft das jeden fünften über 16-Jährigen.

Ortswechsel. Als Anfang März in Niederösterreich gewählt wurde, waren etwa zwölf Prozent der Wahlberechtigten Zweitwohnsitzer unterschiedlichster Qualität: Sie brauchen den Hauptwohnsitz in Wien fürs Parkpickerl, sie haben ein Wochenendhaus auf dem Land, oder sie sind aus Sentimentalitätsgründen in der alten Heimat gemeldet.

Während der Staat in puncto Wahlrecht also keinen Unterschied zwischen Teilzeit- und Vollzeit-Niederösterreichern macht, ist er bei Ausländern in ganz Österreich ziemlich pingelig, selbst wenn sie schon seit vielen Jahren ihren Lebensmittelpunkt hierzulande haben. Zuwanderer müssen Deutsch lernen und Steuern zahlen, gleichzeitig verwehrt man ihnen elementare Rechte. Wegen der Angst vor populistischen Reflexen? Oder weil das die Staatsbürgerschaft attraktiver machen soll, wie der Integrationsstaatssekretär argumentiert? Die vielbeschworene Lust auf Partizipation entsteht so jedenfalls nicht; stattdessen steigt eher das Frustlevel jener, die gar nicht wählen dürfen. (Andrea Heigl, DER STANDARD, 20.3.2013)