Raoul Biltgen, Karola Niederhuber, Sven Kaschte – drei Mitglieder des Theaterkollektivs Plaisiranstalt – stehen ab 21. März mit ihrem neuen Stück "Sturm" auf der Bühne des Dschungel Wien.

Foto: Theaterkollektiv Plaisiranstalt

Madonna und "der jüngste Shakespeare aller Zeiten", vier verschiedene Sprachen und drei Menschen, die lernen, sich selbst und einander zu vertrauen – das sind einige der Zutaten des Theaterstücks „Sturm“.

Anders spielen

Mit "Sturm" wagt sich das Theaterkollektiv Plaisiranstalt auf neues Terrain, denn ein Stück für Zweijährige ist für alle Beteiligten eine Herausforderung. "Die kleinen Herrscher kommen hinein“, sagt etwa Regisseurin Paola Aguilera vor der Probe. Die Formulierung ist nicht zufällig gewählt: "Wir müssen diesmal sehr respektvoll mit den Zuschauern umgehen“, sagt sie. Schauspielerin Karola Niederhuber erklärt es so: "Kleine Kinder haben noch keine Schutzmechanismen. Sie kriegen alles ganz pur und ungefiltert mit. Deshalb müssen wir auf Lautstärke, Licht, Bewegung achten. Es darf nichts zu abrupt passieren.“

Denn für die kleinen ZuseherInnen ist das womöglich der erste Theaterbesuch und damit eine völlig neue Erfahrung. Etwas, das auch Regisseurin Aguilera, die in Santiago de Chile geboren wurde, gut kennt: "Ich erinnere mich noch, als ich als Kind zum ersten Mal in Rumänien war. Diese laute Balkanmusik hat mir anfangs einen Riesenschrecken eingejagt." Sie wuchs in Peru, Rumänien und Deutschland auf.  Mit der Plaisiranstalt wollte sie etwas Neues erschaffen: "Ich absolviere eine Probe nicht nach einem fixen Schema von zehn bis 15 Uhr. Für mich ist Theatermachen ein ewiges Schaffen und Kreieren – wie miteinander Kochen, Backen und Malen.“ Ihr Erfolgsrezept: "Wir haben keine fertigen Theaterstücke, die wir suchen und nachspielen möchten. Es geht vor allem darum, dass jeder sein Potenzial hineinsteckt und etwas Neues daraus entsteht." Ihr Faible für optische, klar erzählte Geschichten führt die Regisseurin auf ein Ereignis in ihrer Kindheit zurück: "Meine Eltern haben mich mit vier Jahren in Santiago mit ins Kino genommen. Dort lief ,2001 – Odyssee im Weltraum’. Diese langsame Geschichte mit den optischen Elementen war prägend für mein späteres kreatives Schaffen.“

"Zu exotisch"

Seit fünf Jahren besteht die Theatertruppe Plaisiranstalt schon. Obwohl die internationale Zusammensetzung "Zufall“ sei, spiele sie doch eine Rolle: "Ich kann mir vorstellen, dass wir zusammengefunden haben, weil wir alle von dort weggegangen sind, wo wir herkommen. Das lässt uns vielleicht in einer ähnlichen Weise denken", sagt etwa Schauspieler und Schriftsteller Raoul Biltgen. Der gebürtige Luxemburger schreibt, spielt und macht eine Ausbildung zum Psychotherapeuten. Dinge, die für ihn selbstverständlich zusammenpassen: "Wir sind ja Menschen auf der Bühne und geben dem auch nach.“ Für seinen Schauspielkollegen Sven Kaschte ist vor allem eins ausschlaggebend: "Wir legen uns keine Verbote auf. Dass man etwa als Schauspieler den Text nicht verändern darf – das gibt es bei uns nicht.“

Doch die Theaterwelt war nicht immer so offen, weiß Paola Aguilera. Ihr Schauspielstudium absolvierte sie bei Elfriede Ott am Konservatorium in Wien. Zuvor bewarb sie sich jedoch an etlichen Schauspielschulen in Deutschland. "Man sagte mir damals oft, dass ich zu exotisch sei", erzählt sie. "Zu der Zeit gab es da nicht so viele Schauspieler mit Migrationshintergrund. Das war nicht normal." So bekam sie etwa auch zu hören, dass sie keine Rollen an deutschen Theatern besetzen könne: "Sie werden niemals das Gretchen spielen können, wurde mir zum Beispiel gesagt“, erinnert sich Aguilera. Ob ihre Migrationsgeschichte heute noch eine Rolle spielt, kann sie nicht genau sagen: "Für mich ist es einfach Normalität." (Jelena Gučanin, 20.3.2013, daStandard.at)