Bild nicht mehr verfügbar.

Solche Bilder sind keine Seltenheit.

Foto: EPA/Hase

Frankfurt - Lange Schlangen vor den Schaltern und Kofferberge: Ein Warnstreik der Gewerkschaft Verdi hat Deutschlands größten Flughafen Frankfurt am Donnerstag ins Chaos gestürzt. Die Lufthansa strich ihren Flugplan massiv zusammen. Fast 700 Flüge wurden annulliert, darunter vor allem Deutschland- und Europa-Flüge, wie ein Lufthansa-Sprecher sagte. Auch alle Lufthansa-Kurse zwischen Österreich und Deutschland wurden ebenfalls abgesagt. Interkontinental-Flüge sollten dagegen weitgehend stattfinden. Betroffen seien die Verbindungen ab Frankfurt, Hamburg, Berlin, München, Düsseldorf und Köln. Viele Passagiere versuchten in Frankfurt trotzdem, ihren Flug zu erwischen und mussten stundenlang anstehen.

"Wir halten den Warnstreik zum jetzigen Zeitpunkt für unverhältnismäßig", sagte der Sprecher. Verantwortlich für die Turbulenzen im Flugplan ist ein Ausstand der Verdi-Beschäftigten bei Deutschlands größter Fluggesellschaft. Die Gewerkschaft rief ihre Mitglieder bei Lufthansa auf, am Donnerstagmorgen von 5.00 Uhr bis 10.00 Uhr die Arbeit niederzulegen. Mit dem Ausstand will Verdi den Druck auf die Lufthansa in den laufenden Tarifverhandlungen erhöhen - die nächste Runde findet am Freitag statt. Verdi fordert für 33.000 Beschäftigte bei der Lufthansa 5,2 Prozent mehr Gehalt und sichere Arbeitsplätze. Verdi-Chef Frank Bsirske bekräftige in Hamburg die Forderungen der Gewerkschaft. Angesichts der Gewinne des Unternehmens und der vorgeschlagenen Nullrunde warf er der Lufthansa "Lohnraub" vor.

Menschenschlangen und Kofferberge

Schwerpunkt des Streiks ist Frankfurt - an größten deutschen Flughafen hat die Lufthansa ihre Heimatbasis, hier starten und landen täglich die meisten Flüge der Kranich-Airline. Im Terminal 1 ziehen sich am Morgen die Menschenschlangen vor den Check-In-Schaltern durch das ganze Gebäude - eine Nervenprobe für Passagiere. Japanische Teenager schlafen mit tief ins Gesicht gezogen Mützen in den Ecken des Riesengebäudes, die Rollkoffer von Reisegruppen stapeln sich daneben zu Bergen.

Die meisten der Lufthansa-Kunden kommen aus dem Ausland und haben von der Streikankündigung von Verdi nur zufällig etwas mitbekommen. "Ich habe davon im Radio gehört, die Lufthansa hat mir nicht Bescheid gesagt", sagte Peter Robbins, der durch Deutschland reist mit einer amerikanischen Reisegruppe. Robbins sagt, er wolle mit dem nächsten Flug nach Los Angeles. Die Maschine soll wie geplant abheben - die Lufthansa versucht trotz des Ausstands, möglichst viele Langstreckenverbindungen zu fliegen. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg, da Hunderte Passagiere vor ihm stehen. Mit Blick auf die Schlange sagte er lachend: "Ich bin Psychologe und kann mich beruhigen."

Voriges Jahr ein Streik, jetzt schon wieder

Gestresst ist Alexander Koch, der im Auftrag eines skandinavischen Telekom-Konzerns für ein paar Jahre in die USA geht. Die Koffer stapeln sich auf seinem Gepäckwagen, den er langsam vor sich herschiebt, während seine Frau den kleinen Sohn Ruben bei Laune hält. "Die Lufthanseaten haben ein gutes Recht zu streiken" sagte er. Große Firmen trügen ihre Konflikte häufig auf dem Rücken der kleinen Angestellten aus, weshalb er den Arbeitskampf verstehen könne.

Familien haben es an diesen Vormittag nicht leicht. "An jedem US-Airport werden Familien mit Kindern aus der Schlange geholt und sofort eingecheckt", sagte Markus Friederich, seinen 18 Monate alten Sohn im Arm. Er lebe mittlerweile in Amerika und sei eine Woche in Deutschland gewesen, um Verwandte zu besuchen. Sein Bild der alten Heimat habe sich gewandelt. Von der im Ausland mit Deutschland verbundenen Effizienz und Verlässlichkeit sei nicht mehr viel übrig. "Ich fliege einmal im Jahr nach Deutschland um diese Zeit - voriges Jahr bin ich im Streik festgesessen, jetzt schon wieder." Dann muss er weiter, die Schlange bewegt sich. (Reuters, 21.3.2013)