"Die Lampe ist in einem leicht ramponierten Zustand, und die Seide hat schon Risse. Ich mag das." Erika Pluhar mit Hund Mimmo in ihrem Grinzinger Haus.

Foto: Lisi Specht

Die Wiener Schauspielerin und Sängerin Erika Pluhar wohnt in einem mit Efeu und Veitschi zugewachsenen Haus in Grinzing, das sie nie wieder hergeben wird. Wojciech Czaja lauschte ihrer Geschichte.

"Die Vorderseite meines Hauses ist komplett mit Efeu und Veitschi zugewachsen. Im Garten lasse ich auch Unkraut wuchern. Jedenfalls habe ich deshalb schon mehrmals Anfragen von Immobilienmaklern erhalten, die vorbeigefahren sind und sich wohl gedacht haben: 'Da wohnt jemand, der's nicht mehr schafft', und mir das Haus abkaufen wollten, wahrscheinlich, um es komplett abzureißen und stattdessen einen teuer verwertbaren Wohnneubau hinzustellen. Dabei ist dieses Haus das schönste und älteste weit und breit!

Ich liebe dieses Haus. Und zwar so, wie es ist. Eingezogen bin ich hier vor etwa 45 Jahren. Ich war damals Mieterin, gewohnt habe ich oben im ersten Stock. Als die Eigentümer dann im hohen Alter waren, haben sie es an mich übergeben. Heute bin ich Eigentümerin. Ich bewohne das ganze Gebäude, wobei sich oben in einem Teil des ersten Stocks das Büro befindet. Interessant ist die Veranda. Die wurde um 1900 dazugebaut, als es plötzlich modern war, als Dame schön blass zu sein und die Sonne zu meiden.

Ich renoviere nie unnötig herum, kümmere mich aber sehr darum, dass das Haus gesund bleibt, dass Dach und Wände in Ordnung sind. Die Mauern hier erzählen Geschichten, sind immer noch so wie vor 200 Jahren, als das Haus errichtet wurde. Auch der Boden ist immer noch aus dem gleichen alten Holz. Man geht auf Jahrhunderten, die das Holz schon erlebt hat. Ist das nicht faszinierend?

Ohne jetzt gegen alles Neue zu sein: Ich glaube, bis auf ein paar Ausnahmen gibt es in meinem Lebensraum kaum Modernistisch-Gestyltes. Ich mag das Leben der Dinge, die um mich herum sind. Ich mag, dass auch sie bereits gelebt haben. Ich bevorzuge einfache Materialien, nur Plastik mag ich überhaupt nicht.

Die meisten Möbel, die mein Haus bewohnen, sind mir einfach nur passiert. Ich würde sagen: Sie sind mir begegnet. Das Auffälligste hier im Salon, in dem ich immer wieder Gäste empfange, ist wohl die Rattan-Sitzgarnitur und die Lampe über dem Couchtisch. Da trifft sich Jung und Alt. Die Rattanmöbel stammen aus irgendeinem Einrichtungshaus, Ikea oder Interio oder so. Und die Hängeleuchte ist ein ewig altes Ding, das ich von meinem damaligen Mann Udo Proksch übernommen habe. Sie ist noch immer im damaligen, leicht ramponierten Zustand. Sogar die Seide hat schon Risse. Die Lampe wird einfach nur regelmäßig abgestaubt. Das reicht.

Generell kann ich sagen: Ich mag das Gefühl, im Einklang mit atmender Geschichte und atmender Natur zu leben. Das Grundstück ist riesengroß – ein Eldorado für Mimmo, einen Bayerischen Gebirgsschweißhund, der oft hier bei mir zu Besuch ist. Die Lage hier in Grinzing ist überhaupt ein Geschenk. Die Vorbesitzer fuhren hier noch mit der Pferdekutsche her! Wenn möglich, mache ich jeden Tag einen einstündigen Spaziergang durch die Weinberge und Wälder. Erstens hält mich das fit, und zweitens nutze ich das Gehen, um meine Texte und Melodien zu üben und über meine beruflichen Vorhaben nachzudenken. Derzeit bereite ich einen TV-Film mit ganz jungen Schauspielern vor, auch mein Sohn Ignaz ist da mit von der Partie.

Einmal war ich bei befreundeten Nachbarn zum Abendessen eingeladen. Die wohnen vis-à-vis. Und da hab ich dann auf mein altes Kleinod hier herübergeschaut, das wie aus einer anderen Welt hierhergesandt wirkte. Ein schöner Anblick. Da war mir klar: Die Immobilienmakler verschwenden ihre Zeit! Solange ich lebe, werde ich das Haus niemals verkaufen. Das ist mein Zentrum, der Humus meines Lebens. Wenn es die Umstände erlauben, will ich hier meinen letzten Atemzug tun und ein Bankerl reißen." (DER STANDARD, 23./24.3.2013)