Wien - Vermögensstudien bergen schon in ruhigen Zeiten Konfliktpotenzial. Richtig heikel werden sie aber, wenn sie inmitten einer schwelenden Krise veröffentlicht werden, bei der es darum geht, wer in Europa was bezahlt. Kein Wunder also, dass eine von der Deutschen Bundesbank vorgelegte Vermögensstudie zuerst in Deutschland und nun in Österreich für Diskussionen sorgt.

Die Bundesbank hatte eigentlich nur eine Erhebung über die Vermögensverteilung in Deutschland präsentiert, bei der 3600 Haushalte befragt wurden. Neben erwartbaren Ergebnissen (großes Gefälle zwischen Ost und West, große Unterschiede zwischen Arm und Reich) zogen die Bundesbanker aber auch einen Vergleich mit der Situation im übrigen Europa. Konkret wurde die Vermögenslage in Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien und Österreich verglichen. Daraus ergibt sich, dass ausgerechnet die Spanier über das höchste durchschnittliche Nettovermögen (abzüglich Schulden) verfügen. Österreich liegt dahinter auf Platz zwei, dann kommt Frankreich und erst dann Deutschland.

Dass die spanischen Haushalte so wohlhabend sind, erklärt sich laut Bundesbank aus dem Immobilieneigentum: 82,7 Prozent der Spanier gehört ihr Hauptwohnsitz, in Österreich liegt diese Quote bei nur 47,7 Prozent.

Während dieser Teil der Studie unbestritten ist, wird es ab da heikel: Nimmt man nämlich nicht das Durchschnittsvermögen, sondern das Medianvermögen, ergibt sich ein anderes Bild. Im Vergleich des Medianvermögens liegen nämlich Frankreich, Italien und Spanien vor Österreich und Deutschland.

Allerdings sind dazu einige Erläuterungen notwendig. Beim Median wird nicht der Durchschnittswert genommen, sondern die Zahl, die genau in der Mitte aller Werte steht. Beispiel Österreich: Hier liegt das mittlere Vermögen bei 76.400 Euro. Das bedeutet, dass die Hälfte der Befragten ein größeres Vermögen hat und die andere Hälfte ein geringeres. Ausreißer fließen in den Median nicht so stark ein wie in den Durchschnitt - wenn also einige wenige Haushalte über sehr große Vermögen verfügen, ändert sich der Medianwert kaum.

Genau deshalb kritisieren einige Ökonomen den Vergleich der Bundesbank: Medianeinkommen zueinander in Relation zu stellen sei nicht aussagekräftig, meint der Wiener Ökonom Stephan Schulmeister. Der große Unterschied zwischen Durchschnitts- und Medianvermögen in Österreich und Deutschland zeige viel eher, wie ungleich die Vermögen in diesen beiden Ländern verteilt sind.

Auch Statistiker sind skeptisch. Um einen umfassenden Vergleich der Vermögensdaten zu ermöglichen, müssten die einzelnen Gruppen (Arme, Reiche, Mittelstand usw.) miteinander verglichen werden.

Doch genau diese Zahlen liegen noch nicht vor. Die von der Bundesbank veröffentlichten Daten beruhen auf den Ergebnissen einer Umfrage, die von den nationalen Zentralbanken in allen 17 Euroländern durchgeführt wurde. Die Zahlen wollte ursprünglich die Europäische Zentralbank (EZB) veröffentlichen, doch der Termin wurde in den vergangenen Wochen wiederholt verschoben. Wie die FAZ Anfang März berichtete, wollte die EZB damit verhindern, dass eine Grundsatzdebatte über die Eurohilfen beginnt.

Wie Zypern abschneidet, ist nicht bekannt. Doch bereits frühere Erhebungen, wie etwa eine Studie der Credit Suisse, zeigen, dass die Zyprioten im europäischen Vergleich recht wohlhabend sind. So ist das Haushaltsvermögen in Zypern weit höher als in Portugal, Griechenland, Slowenien und der Slowakei. In der Vermögensstatistik der Credit Suisse liegt Zypern sogar nur knapp hinter Finnland. Würde die EZB ähnliche Zahlen vorlegen, würde das die Kritik an der Rettungsaktion befeuern.

Dass die EZB noch keine einheitlichen Zahlen veröffentlicht hat, bedeutet aber auch, dass die Daten nur begrenzt miteinander vergleichbar sind - das sagen selbst die deutschen Studienautoren. So verwendet die Bundesbank die Daten der nationalen Notenbanken, die EZB hätte dieses " Rohmaterial" aber noch harmonisieren sollen. (szi, DER STANDARD, 23./24.3.2013)