Hautnah erlebt man die Tiere Afrikas bei einer Safari. Aber das Spektakel hinterlässt Zweifel bei Bloggerin Victoria Lainer.

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Foto: Victoria Lainer

Am Freitag vor den Wahlen in Kenia packen wir unsere Siebensachen, verabschieden uns von Kenia und all den lieb gewonnenen Menschen, vor allem den Mitarbeitern und Kindern von St. Catherine in Kibera, und fahren mit dem Bus nach Tansania. Mit uns kommt Leo, der neue Volontär von St. Catherine aus Australien, um möglichen Unruhen vor allem in Kibera auszuweichen.

Ab dem 4. März, dem Wahltag in Kenia, sitzen wir auf Nadeln und hoffen und beten für einen friedlichen Ausgang. Bei den Menschen in Tansania ist der Ausgang der kenianischen Wahlen ebenfalls ein großes Thema. Unruhen würden sich politisch und wirtschaftlich auch auf den Nachbarstaat auswirken, immer wieder kommen wir in Tansania auf das Thema zu sprechen.

Am 9. März wird Uhuru Kenyatta, der vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag angeklagt ist, offiziell zum vierten Präsidenten der Republik Kenia ernannt. Bis jetzt haben sich alle KandidatInnen, allen voran Kenyatta und sein wichtigster Gegenkandidat Raila Odinga, sehr diplomatisch verhalten und immer wieder zum Frieden und zur Zusammenarbeit aufgerufen. So scheint es, dass sich die Befürchtung einer Wiederholung der Unruhen von 2007/08 nicht erfüllen wird. Dennoch birgt Kenyattas Anklage vor dem Internationalen Strafgerichtshof noch einigen Zündstoff.

Ankunft in Tansania

In Tansania fühle ich mich auf Anhieb sehr wohl. Obwohl Arusha als Ausgangspunkt für Safaris in die Serengeti und den Ngorongoro-Krater und für Bergtouren auf den Kilimanjaro sehr touristisch ist, erleben wir die Menschen hier kaum als aufdringlich. Natürlich werden wir angesprochen und bekommen vieles angeboten, aber zum Großteil sehr höflich und freundlich. Im Vergleich zu Kenia sprechen die Menschen in Tansania um einiges schlechter Englisch, was für mich ein guter Ansporn ist, meine geringen Kisuaheli-Kenntnisse endlich auszugraben und mir mehr anzueignen.

Nachdem wir einige Angebote für einen Safari-Trip eingeholt haben, gehen wir für ein paar Tage auf Safari - nach der Besteigung des Mount Kenia eine weitere einzigartige Erfahrung. Wer weiß, wann ich wieder an diesen Ort komme und die Möglichkeit dazu haben werde? Wir besuchen Tarangire, Manyara, den Serengeti-Nationalpark und den Ngorongoro-Krater. Wobei die beiden Letzten weltbekannt sind und der Ngorongoro-Krater auch zum UNESCO-Weltnaturerbe zählt.

Faszination Wildlife

Für mich sind diese Tage ein besonderes Erlebnis, da ich das erste Mal außerhalb von Zoos Giraffen, Zebras, Löwen, Elefanten und Co in greifbarer Nähe sehe. Teilweise fühle ich mich wie in einem Traum: Grast da wirklich eine Elefantenherde neben unserem Jeep? Kann es denn sein, dass wir uns inmitten von hunderten Zebras und Gnus befinden?

Eine wahrhaft andere und überaus faszinierende Welt. Diese Tage sind gefüllt mit Highlights. Wir erspähen, abgesehen von Geparden, alle Tiere, die diese Gegend bewohnen, und zwar aus nächster Nähe. Wir sehen Primaten in den Bäumen, wie sie eifrig herumspringen, sich gegenseitig entlausen und wie ihre Jungen spielen und sich dann an ihre Mütter klammern. Auch Herden beziehungsweise Familien von Zebras, Gnus, Elefanten, Giraffen, Büffeln, Sträußen und Wildschweinen begegnen wir. Am Manyara-See sehen wir einen Flamingoschwarm gemeinsam in die Luft emporfliegen.

Der Serengeti-Nationalpark ist faszinierend in seiner endlosen Weite, und wir werden Zeugen von zwei missglückten Jagdversuchen. Einmal zwischen einem Leoparden und einer Wildschweinfamilie und einmal von einer Löwin, die versucht, eine Antilope zu reißen. Darüber hinaus sehen wir innerhalb eines Tages alle "Big Five" (Elefant, Nashorn, Büffel, Löwe und Leopard) und "Ugly Five" (Wildschwein, Flusspferd, Gnu, Hyäne und Marabu).

Auch wenn jeder Park seinen Reiz hat, bin ich vom Ngorongoro-Krater mit Abstand am fasziniertesten. Der Krater hat einen Durchmesser von rund 20 Kilometern und ist 400 bis 600 Meter tief. Aufgrund seines sehr fruchtbaren Bodens findet sich hier auf geballtem Raum eine ungeheure Vielzahl von Tierherden ein. Während der gesamten Fahrt sind wir schwer damit beschäftigt, alle Eindrücke einzufangen - und teilweise damit überfordert. Löwenpaare ruhen sich in der Sonne neben einer Herde von Gnus und Zebras aus, daneben streunen Hyänen und stolzieren Störche, Strauße und Marabus, während im Hintergrund eine Elefantenfamilie gemütlich hintereinander hertrottet. Ein wahrhaftes Spektakel!

Zwiespältige Safari

Safaris sind nicht unumstritten. Wir treffen in diesen Tagen auch viele, die dem Stereotyp des Safari-Touristen entsprechen. Abgesehen davon ist es für mich auch kontrovers, dass in Nationalparks durch die vielen Besucher so viele Fahrzeuge unterwegs sind. Vom Bau der Luxus-Lodges ganz zu schweigen.

Ob der positive Beitrag, den die BesucherInnen hinterlassen (sprich: Geld und Jobs), den negativen überwiegt, ist für mich fraglich. Einer der skurrilsten Momente ist für mich die professionelle Jagd nach spektakulären Fotos. Natürlich: Bei einer Safari ist es das Ziel, Tiere in freier Wildbahn zu sehen, mit etwas Glück auch bei der Jagd oder Ähnlichem. Ich frage mich aber, ob für diese Fotos das Leben von Tier und Mensch aufs Spiel gesetzt werden muss.

Eine weitere kontroverse Erfahrung ist der Besuch eines Massai-Dorfes, das in dieser Gegend vollkommen auf die Safari-Touristen ausgerichtet ist. Wenn auch von vielen Kontroversen geprägt, ist es für mich dennoch eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte, und ich vertraue in diesem Fall einfach darauf, dass die Eintrittsgelder für den Erhalt der Nationalparks verwendet werden, auch wenn das vielleicht etwas blauäugig scheinen mag. (Victoria Lainer, derStandard.at, 25.3.2013)