Sexuelle Ausbeutung im Privatbereich ist oft unsichtbar - die Betroffnen stehen unter starkem Druck und sind mit Gewaltandrohung konfrontiert.

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Wien - Ein in Niederösterreich aufgedeckter Fall der Zwangsprostitution - ein 46-jähriger Invalidenrentner soll eine slowakische Pflegerin gezwungen haben, Freiern im eigens eingerichteten Kellerraum seines Haues zur Verfügung zu stehen - sei "gar nicht so ungewöhnlich", sagte Oberst Gerald Tatzgern vom Bundeskriminalamt gegenüber der APA. Die ErmittlerInnen registrieren eine Zunahme von erzwungener Sexarbeit in illegalen Etablissements.

Formen der Zwangsprostitution

Drei Varianten der sexuellen Ausbeutung listete Tatzgern auf. Zum einen gebe es die legale Prostitution in legalen Etablissements, "was aber nicht heißt, dass alle Frauen dort freiwillig dem Geschäft nachgehen". Der "eindeutig illegalen Prostitution" werde in Räumlichkeiten wie Wohnungen und Massagesalons nachgegangen. In diesen illegalen Etablissements nehmen die Frauen große Summen, bis zu 10.000 Euro im Monat, ein, dürfen davon jedoch nur einen kleinen Anteil - lediglich 200 bis 300 Euro - behalten. "Die Ausbeutungsspanne ist relativ hoch", so Tatzgern. Oft würden die Dienste tagsüber angeboten. "Da brauchen die Kunden zu Hause keine Ausrede suchen, wo sie am Abend hingegangen seien."

Die dritte Variante, die auf den bekannt gewordenen Fall aus Niederösterreich zutrifft, ist die sexuelle Ausbeutung im privaten Bereich. Hier werde häufig das "Loverboy-System" angewendet. "Der Mann geht mit einer Frau eine echte Beziehung ein und überredet sie dann zur Prostitution. Mit dem Vorwand, die gemeinsame Zukunft zu finanzieren oder ihr Kind oder ihre Eltern zu versorgen. Diese Frauen sind ihren Partnern sehr hörig, es ist sehr schwierig abzuschätzen, wie oft das vorkommt. Sie sehen sich oft erst dann als Opfer, wenn das Ganze für sie unerträglich wird."

Verborgene Gewaltverhältnisse

Für die ErmittlerInnen sei es schwierig, in den privaten Bereich einzudringen. Die Opfer stehen unter starkem Druck, durch direkte Gewalt oder durch Drohungen gegen ihre Familie, daher würden sie sich kaum anvertrauen. Was die grundsätzlich männlichen Täter (bis auf sehr wenige Ausnahmen) betrifft, sind diese von 18 bis über 60 Jahre alt und pflegen gute Beziehungen zum Herkunftsland der Frauen. 29 Prozent der Betroffenen von sexueller Ausbeutung in Österreich kommen aus Rumänien, gefolgt von Frauen aus Bulgarien, Ungarn, Tschechien, Slowakei und Nigeria.

Die Behörde versuche den Kontrolldruck sehr hoch zu halten, sagte Tatzgern. Europaweite Maßnahmen sollen einen Überblick über die Lage geben. Die Kunden würden übrigens kaum Verantwortungsbewusstsein zeigen. "Diesen Männern ist alles egal, Hauptsache sie kommen zu ihren Sexdiensten", betonte der Experte. (APA/red, dieStandard.at, 25.3.2013)