Extreme Umgebung: Rotalgen an einer heißen Quellen im Yellowstone-Nationalpark.

Foto: Christine Oesterhelt / Andreas Weber

Düsseldorf - Rotalgen gibt es seit deutlich mehr als einer Milliarde Jahre. Sie sind vor allem in den Küstenregionen der Meere zu finden, kommen aber auch im Süßwasser und in feuchten Regionen des Binnenlandes vor. Und manche sind sogar an Umgebungen angepasst, die den meisten anderen Lebewesen den Garaus machen würden.

Galdieria sulphuraria ist eine derart erfolgreiche Überlebenskünstlerin, dass die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf sie mit den Aliens aus den gleichnamigen Kinofilmen verglich. Sie wurde schon quicklebendig in den kochend heißen Quellen des Yellowstone-Nationalparks gefunden, ebenso wie in säurehaltigen Abwässern von Minenschächten, wo sie extremen Schwermetallkonzentrationen trotzt - und auch ein hoher Salzgehalt in ihrer Umgebung machen ihr nichts aus. Dazu kommt, dass Galdieria in ihren Ernährungsgewohnheiten höchst vielseitig ist: Mal betreiben die Algen Photosynthese, mal fressen sie die verschiedensten Bakterien aus ihrer Umgebung.

"Warum das Rad neu erfinden ..."

Das Geheimnis ihres Erfolges haben Biologen um Andreas Weber und Martin Lercher von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf gemeinsam mit Kollegen von der Oklahoma State University herausgefunden. Galdieria ist eine Plagiateurin: Sie hat offenbar mittels horizontalen Gentransfers - also durch die Übertragung von Genen abseits geschlechtlicher Fortpflanzung und über Artgrenzen hinweg - günstige Eigenschaften von Mikroben aus ihrem Umfeld übernommen, von Bakterien ebenso wie von Archaeen. Den Forschern zufolge haben mindestens fünf Prozent der Protein-kodierenden Gene von Galdieria sulphuraria einen solchen Ursprung.

Wie Gen-Analysen zeigten, hat Galdieria die Hitze-Unempfindlichkeit von Archaeen, die Resistenz gegen Schwermetalle wie Quecksilber und Arsen wiederum von Bakterien, die spezielle Eiweiße – Transportproteine und Enzyme – entwickelt haben. "Warum das Rad neu erfinden, wenn wir es uns bei unseren Nachbarn abschauen können", sagt Lercher. Nun gilt es noch zu erforschen, wie Galdieria die Grenzen zwischen den Arten überwinden konnte. (red, derStandard.at, 31. 3. 2013)