Darauf muss man erst kommen: Den Jubilar Wagner ehren, indem man im kleinen Rettungsboot hinter dem Fliegenden Holländer hinterhersegelt. Helmut Oehring heißt der kühne Fahrensmann. Die Deutsche Oper am Rhein in Düsseldorf ist die Reederei, die den Auftrag erteilte - nicht ohne ihm sichere Lotsen zur Seite zu stellen: nämlich den Regisseur Claus Guth, Ausstatter Christian Schmidt und Axel Kober am Pult der Düsseldorfer Symphoniker.

Librettistin Stefanie Wördemann hat der Wagner'schen Dichtung Texte von Heine, weitere von Wagner, seiner Muse Mathilde Wesendonck und Andersens Märchen von der kleinen Meerjungfrau hinzugefügt. Er hat das Ursprungspersonal auf Holländer (Simon Neal) und Senta (Manuela Uhl) reduziert und um drei erzählende Rollen, eine Gebärdensprachsolistin (Christina Schönfeld) und einen Kontrabassisten (Matthias Bauer) erweitert.

Komponiert wie arrangiert und neu instrumentiert hat er eine Klangmelange: aus Holländer-Hits und einer Prise Oehring-Umkreisung, aus Wesendonck-Liedern und Lautvariationen von David Moss, aus wunderbaren Kontrabassbeiträgen von Bauer und dem, was Rudolf Kowalski und Jutta Wachowiak als Bericht und Märchenstunde rezitierten.

Das akustische Ergebnis erinnert etwas an einen Versuch, beim Bahnfahren eine Holländer-Aufnahme über Kopfhörer zu genießen, während die Kleinen beschäftigt werden müssen und die Großen telefonieren. Mehr als eine gescheite Holländer-Inszenierung bringt das aber nicht. Oehring sucht nach den Lücken, aus denen bei Wagner die Quellen und Anregungen für seinen großen Wurf hervorschimmern und drängt sich dort hinein.

Langweilig ist der Dreistünder dennoch nicht. Schon, da Wagners Vorlage so stark durchscheint und selbst die unfreiwillige Parodie trägt. Und weil der stilsichere Industriehallen-Einheitsraum die Romantik und die Industrialisierung so schön auf einen Punkt bringt und angemessen für eine solide Claus-Guth-Inszenierung ist. Mit seinem Daneben-, Darüber- oder Nachkomponieren könnte sich Oehring sogar auf Wagner selbst berufen.

Er hat das auch mal so gemacht. Zumindest bei seinen jugendlichen Feen segelte er flott unter der Flagge anderer Komponisten. Doch unter denen war eben auch der künftige Richard Wagner. Amüsant war es jedenfalls. (Joachim Lange aus Düsseldorf, DER STANDARD, 27.3.2013)