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Die Polizei widerspricht der FPÖ - sowohl bei der Anzahl der bettelnden Menschen als auch bei einem Anstieg von Gewaltbereitschaft.

Foto: apa/dpa/Ingo Wagner

Wien - Wiens FP-Klubchef Johann Gudenus lässt an den Bettlern in der Bundeshauptstadt kein gutes Haar. In den Einkaufsstraßen schreckten sie die Kundschaft ab, vor Schulen und in öffentlichen Verkehrsmitteln böten sie "ein Bild des Grauens", sagte er Dienstagvormittag bei einer Pressekonferenz gemeinsam mit dem Obmann des Vereins der Kaufleute der Mariahilfer Straße, Walter Bachofner.

Überhaupt, so Gudenus, gebe es immer mehr Menschen, die auf der Straße um Geld bitten - und sie sowie die "dahinterstehenden Syndikate" würden " immer aggressiver": "Bundesweit sind es zwischen 8000 und 12.000, die Hälfte davon in Wien."

Polizei widerspricht Zahlenangabe

Mario Hejl vom Bundeskriminalamt widerspricht dieser Zahlenangabe: "Unseren Schätzungen zufolge gibt es in Österreich insgesamt rund 2000 Bettler." Auch Hinweise für zunehmende Gewaltbereitschaft gebe es nicht.

Laut Gudenus jedoch "müssen die geltenden Regeln unbedingt verschärft werden". Und zwar, in Wien, durch "Bettelverbotszonen "in Einkaufstraßen, Fußgängerzonen, vor Schulen, Kindergärten und in den Stationsbereichen der Wiener Linien". Eine diesbezügliche Landtagspetition sei in Vorbereitung, sagte Gudenus.

Sowie, bundesweit, eine parlamentarische FPÖ-Initiative, um Betteln in ganz Österreich strafrechtlich zu verbieten - wie wenig später FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky dem Standard bestätigte: Ein, wie er sagte, "notwendiger und sachlicher" Vorschlag, der mit Positionierungen im anlaufenden Nationalratswahlkampf nicht zu tun habe.

FP-Vorschlag womöglich verfassungswidrig

Was laut Vilimsky derzeit noch fehlt, ist ein "bundesgesetzliches Vehikel" für eine generelle Bestrafung von Bettlern. Barbara Weichselbaum, Expertin für öffentliches Recht an der Uni Wien, wundert das nicht: "Der Umgang mit Bettlern ist in Österreich in den neun Landesgesetzen geregelt." Laut dem Verfassungsgerichtshof sei das auch richtig so.

Das Höchstgericht hatte sich zuletzt mit den oberösterreichischen, Salzburger und Wiener Landes-Bettelverordnungen beschäftigt - und im Juni 2012 jene in Salzburg gekippt. Grund dafür: Die Salzburger Regelung habe jede Form von Betteln untersagt, auch das nicht aggressive, "stille" Handaufhalten.

In diesem Sinne sei auch Gudenus' Plan für bettlerfreie Zonen in Wien fragwürdig, meint Rechtsexpertin Weichselbaum: Ein Verbot des "stillen" Bettelns wäre wohl auch dann verfassungswidrig, wenn es nur in bestimmten Zonen gelte, meint sie: "Alles andere erschiene mir unlogisch."

Höherer Strafrahmen

Nicht gegen einzelne Bettler, sondern gegen Personen, die Kinder oder behinderte Menschen als Bettler benutzen und Geld an ihnen verdienen, wendet sich hingegen ein aktuell in Begutachtung befindlicher Gesetzesplan: Im Rahmen des Sexualstrafrechtsänderungsgesetzes, mit den eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2011 umgesetzt wird, soll die Anti-Schlepperbestimmungen in Paragraf 104a StGB konkretisiert und - vom Strafrahmen her - verschärft werden: Statt wie derzeit bis zu drei Jahren sollen in solchen Fällen bis zu fünf Jahre Haft drohen. (Irene Brickner, DER STANDARD, 27.3.2013)