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David Witteveens größter Moment: Ein Tor gegen die Glasgow Rangers.

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Der Cappielow Park von Greenock Morton.

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Es gibt Tage, die vergisst man nicht so schnell. Der 23. August 2009 war so einer im Leben des David Witteveen. Der Kärntner stand damals in der Startformation des Heart of Midlothian FC und traf vor 16.284 Zusehern im Tynecastle Stadium gegen die damals noch großen Glasgow Rangers zum 1:0. Das Spiel ging zwar noch mit 1:2 verloren, die Gänsehaut aber ist geblieben. Einige Wochen zuvor lief der Mittelstürmer noch in der Regionalliga Mitte für den Wolfsberger AC auf. Lavanttal-Arena, 500 Zuschauer.

Der Transfer nach Schottland kam überraschend und schnell. Vielleicht sogar zu schnell. "Der Sprung von der Regionalliga in die Premier League war eine Nummer zu groß", sagt Witteveen und verweist auf höheres Tempo und körperbetontes Spiel. In der Saisonvorbereitung hatte sich der rumänisch-ungarische Hearts-Coach Csaba László von Witteveen ein Bild gemacht und für eine Verpflichtung ausgesprochen. Mit seinem Treffer im zweiten Pflichtspiel weckte Witteveen höhere Erwartungen. Bei den Fans in Edinburgh, im Verein und vor allem bei sich selbst. Erfüllen konnte er diese nicht. Schon bald fand sich Witteveen auf der Bank oder gar auf der Tribüne wieder.

Gemischte Gefühle

Der 27-Jährige blickt deshalb mit gemischten Gefühlen auf sein Jahr in Schottland zurück: "Es war eine schöne Zeit, ich habe in tollen Stadien gespielt." Nachsatz: "Aber doch nicht so häufig wie erhofft." Ausreden will Witteveen keine suchen, trotz idealer Voraussetzungen, nämlich robuster Statur und Kopfballstärke, habe es eben nicht für eine große Karriere auf der Insel gereicht. Etwas mehr Geduld wäre aber sicher kein Schaden gewesen: "Man hat von Anfang an viel von mir erwartet. Ist man aber nicht gleich voll da, gibt es auch keine zweite Chance."

Also wurde Witteveen in die First Division, so nennt sich Schottlands zweite Spielklasse, an den Greenock Morton Football and Athletic Club verliehen. Morton hat seine größte Zeit lange hinter sich, 1922 gewann der Verein mit dem wohlklingenden Namen den schottischen FA-Cup. Im charmanten Cappielow Park trägt Morton seit 1879 seine Heimspiele aus, das Stadion vermittelt ursprünglichste schottische Fußballatmosphäre. Ein Ambiente, das Witteveen zusagt, er schreibt in neun Spielen fünf Treffer und zwei Assists an. Die Hoffnung auf eine Rückkehr zu den Hearts zerschlägt sich trotz dieser ansehnlichen Ausbeute. Der Schotte Jim Jefferies hat dort das Traineramt übernommen, sein Interesse an Witteveen ist nicht vorhanden.

Blick Richtung Aufstieg

Ende März 2013 hat Witteveen das Kapitel Schottland längst hinter sich gelassen, er spitzt nach den Zwischenstationen SV Horn und FC Lustenau mit dem SV Grödig auf den Aufstieg in die heimische Bundesliga. Die Tabellenführung in der Ersten Liga hätte man kürzlich auswärts gegen Altach übernehmen können, ausgerechnet in dieser Partie setzte es mit einem bitteren 0:1 in der Nachspielzeit die erste Niederlage im neuen Jahr. "Wir waren sehr enttäuscht, aber es ist kein Weltuntergang", sagt Witteveen. Trainer Adi Hütter sei trotz der verpassten Chance ruhig geblieben: "Wir haben fachlich analysiert. Beim Gegentor haben wir leider einen taktischen Fehler gemacht, wir sind zu weit aufgerückt."

Nun hält man vor den verbleibenden 13 Spielen bei zwei Punkten Rückstand auf Austria Lustenau. Witteveen hat mit acht Toren und zwei Assists in 18 Spielen seinen Teil zum Höhenflug beigetragen. Angesichts eines in der vergangenen Saison erlittenen Knorpelschadens, der ihn ein halbes Jahr außer Gefecht setzte, eine gute Bilanz. Zufriedener könnte er trotzdem sein: "Ich habe auch einige sehr gute Chancen ausgelassen." Sein Vertrag in Grödig läuft mit Ende der Saison aus, über eine Verlängerung wurde noch nicht gesprochen. Für Witteveen kein Problem, er will sich "ohnehin auf den Fußball konzentrieren".

Dünn gesäte Fans

Nicht alle heimischen Fußballfans wollen den SV Grödig in der Bundesliga sehen, das ist Witteveen bewusst. Die Untersberg-Arena spiegelt nicht gerade den modernen Fußball wider, sie bietet knapp 3.000 Zuschauern Platz, gegen Hartberg sahen zuletzt nur 500 Hartgesottene zu. Und das trotz der Erfolge und eines "guten Fußballs, der die Bundesliga sicher bereichern könnte". Witteveen blickt voraus und hofft im Falle eines Aufstiegs auf mehr Zuseher, denn "jeder Fußballer wünscht sich, vor vielen Leuten zu spielen". Dann gibt es vielleicht auch wieder ordentlich Gänsehaut, so wie damals in Schottland. (Philip Bauer, derStandard.at, 28.3.2013)