Ein Hof mit leeren Stühlen, das sei "die perfekte Metapher" auf den Status quo der spanischen Theaterwelt, klagt der Dachverband der Unternehmer im Theater und Tanz (span. Federación Estatal de Asociaciones de Empresas de Teatro y Danza, kurz Faeteda). Die Statistik zum letzten Quartal des Jahres 2012 spricht Bände. Seit im September des Vorjahres die Mehrwertsteuer auf Eintrittskarten von acht auf 21 Prozent erhöht wurde, sank - verstärkt durch Konsumflaute und leere Gemeindekassen - die Zahl der Besucher laut El País gegenüber dem Vorjahr um 31,43 Prozent. Die Nettoeinnahmen des Sektors schrumpften mit einem Minus von 33 Millionen Euro (brutto) um ein Drittel, wie Daten der Steuerbehörde belegen. Dabei gingen fast 600 Arbeitsplätze verloren. Das seien laut Faeteda die "tragischen und vernichtenden Effekte eines absolut unverhältnismäßigen Mehrwertsteueranstiegs".

Ökonomische Zensur

Die Szene fordert die Rückkehr zum reduzierten Mehrwertsteuersatz ein (aktuell sind das zehn Prozent), darum sucht Faeteda-Präsident Daniel Martínez auch Kontakt zu Ministerialbeamten aus Kultur und Finanz. " Solidarität und Verständnis" habe man signalisiert, zumindest im Kulturministerium, betont Daniel Martínez. Er könne sich zehn Prozent Mehrwertsteuer vorstellen. Das würde knapp 2,5 Millionen Besucher zurück in die Theater führen und 53 Millionen Euro Nettoeinnahmen bringen.

"Das Tragischste ist, dass eine Art ökonomischer Zensur passiert", klagt Aitor Tejada, Produzent von Kamikaze Producciones, die hinter den Bühnenerfolgen von Miguel del Arco (La función por hacer u. a.) stehen: " Es gibt Texte, bei denen wir nicht daran denken können, sie aufzuführen."

Doch selbst wenn öffentliche Förderungen seit dem Jahr 2009 um etwa die Hälfte gekappt worden sind, hoffnungslos verloren ist die Szene nicht. In Madrid und andernorts reüssieren sogenannte Mikrotheater, wie das aktuell erfolgreichste, die Casa de La Portera.

Zweipersonenadaptationen mit Stars wie Barbara Lennie, bekannt aus Pedro Almodóvars Die Haut, in der ich wohne, begeistern Kritiker und Gäste. Nur 25 Karten gibt es pro Aufführung, bei denen jeweils reger Andrang herrscht. Und auch für das "Microteatro por Dinero" (span. "für Geld"), das in einer Wohnung stattfindet, bilden sich lange Warteschlangen, um Tickets um vier Euro zu ergattern.

Spanien hat europaweit übrigens die höchste Mehrwertsteuer auf Kulturevents. Norwegen hebt keine ein, die Schweiz 2,5 Prozent, Belgien sechs Prozent, Holland und Deutschland sieben, Österreich zehn. In Frankreich, das oft Sonderwege geht, sind es auf die ersten 140 Aufführungen nur 2,1 Prozent (danach 5,5 Prozent).    (Jan Marot aus Madrid, DER STANDARD,  29.3.2013)