Wien - Wagners Parsifal in der Osterwoche an der Staatsoper: Das ist Kult zum Quadrat. Wehe dem, der nach dem ersten Akt zu klatschen beginnt. Der erntet böse Blicke und wird ausgezischt - genauso wie einst der Komponist selbst, als er den Blumenmädchen im zweiten Akt (während der Musik) Beifall zollte. Aber er ist ja nicht der Erste, dessen Jünger päpstlicher sein wollen als der Papst.

Die Inszenierung von Christine Mielitz aus dem Jahr 2004 wird von vielen wohl inzwischen mit stoischer Leidensfähigkeit erduldet. Denkansätze, was es mit dieser Gralsgemeinschaft auf sich haben und wie man sich selber in ihr finden könnte (Schlussbild!), würde die Arbeit immer noch bieten, Antworten verweigert sie.

Schwer zu deuten ist auch die Stabführung von Generalmusikdirektor Franz Welser-Möst: Einerseits lässt sich die Partitur kaum klarer, durchsichtiger, gegliederter darstellen, leuchten die Orchesterfarben prächtig und ohne Brutalität. Andererseits fehlt diesem Zauber an entscheidenden Punkten der zündende Funke. Obwohl technisch jede Steigerung und jede Zäsur mustergültig ausgeführt ist, fehlt meist der letzte Dreh. Und es klingt sogar dort noch cool und routiniert, wo die Musik zum Äußersten treibt.

Unter Hochspannung sind jedoch zumeist die Sänger: Tomasz Konieczny als exaltierter, kraftstotzend leidender Amfortas, Kwangchul Youn als nobel wortgewaltiger Gurnemanz, Wolfgang Bankl als zwielichtig polternder Klingsor. Evelyn Herlitzius hat mit ihrem Rollendebüt als Kundry unüberhörbar schrillende Anlaufschwierigkeiten, stemmt dann aber alles Exponierte souverän.

Nahezu eine Idealbesetzung ist der kurzfristig eingesprungene Christopher Ventris in der Titelpartie: kein angestrengter Haudegen, sondern ein stets deutlicher, lyrischer, menschlicher Charakter. Jonas Kaufmann, der den ersten Termin der Serie abgesagt hat, fällt auch am Ostersonntag krankheitsbedingt aus. An seiner Stelle singt der deutsche Tenor Christian Elsner die Titelpartie. (Daniel Ender, DER STANDARD, 30./31.3./1.4.2013)