Große Sorgfalt in Maske und Ausstattung: Tom Wlaschiha (Dritter von links) in "Game of Thrones".

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Wlaschiha: "Ich war überrascht, als ich entdeckte, was da im Internet abgeht."

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STANDARD: Die Fans von "Game of Thrones" interessiert im Moment vor allem eines: Sind Jaqen H'ghar und Syrio Forel ein und dieselbe Person?

Wlaschiha: Wieso nehmen die Fans an, dass ich mehr wüsste als sie?

STANDARD: Möglich wär's ...

Wlaschiha: Bei dieser Serie gibt es ganz viele Erzählstränge, die nicht komplett aufgeklärt sind. Ich glaube, das macht George Martin absichtlich, um Raum für Spekulationen zu lassen. Ich denke aber ehrlich gesagt nicht, dass meine Figur, der Auftragskiller Jaqen und der Schwertkämpfer Syrio ident sind.

STANDARD: Falls Sie es doch wüssten und sagten, würde Sie HBO wohl in Grund und Boden klagen?

Wlaschiha: Ich habe selbst nur die ersten beiden Bücher gelesen, und daraus ergibt sich's nicht, und ich weiß nicht, was George Martin in Zukunft schreibt, ob er noch die Kurve kriegt.

STANDARD: "Game of Thrones" gehört zu den aufwändigsten Fernsehproduktionen überhaupt. Wie gestalten sich da Verträge?

Wlaschiha: Ich weiß, dass mein Vertrag wesentlich dicker ist als bei einem normalen Fernsehfilm. Das liegt aber vor allem an den Auflistungen über die Verwertungsrechte. Von Verträgen lese ich nur die ersten Seiten, bis zum Punkt, an dem die Gage aufscheint (lacht). Bei allen anderen Fragen vertraue ich meinem Agenten.

STANDARD: Einzelne Folgen kosteten zwischen 2,5 und zehn Millionen Dollar. Wo macht sich der Aufwand am stärksten bemerkbar?

Wlaschiha: In den Produktionsbedingungen. Für einen Schauspieler ist das ein Traum, wenn man komplett in eine andere Welt eintauchen kann. Wenn man zum Dreh kommt und auf dem Set schon hundert Komparsen und fünfzig Pferde warten. Eine ganze Burg ist nachgebaut worden, dazu die vielen Kostüme. Es ist ein unglaublicher Perfektionismus im Spiel. Das ging so weit, dass ich allein wegen meiner Perücke dreimal nach London fahren musste, zum Maßnehmen und zur Anprobe, bis sie richtig saß.

STANDARD: Sie spielen vorerst nur in der zweiten Staffel. Wie war das, als Sie zum Team dazustießen?

Wlaschiha: Am ersten Drehtag war ich aufgeregt. Wenn man als kleines Rädchen funktionieren muss, ist das schon so. Diese Nervosität verlor sich aber ganz schnell, weil auf dem Set eine große Konzentration herrschte.

STANDARD: Ihre Bewerbung reichten Sie per iPhone ein. Haben Sie jemals erfahren, was die Produzenten überzeugt hat?

Wlaschiha: E-Castings werden heutzutage immer üblicher, weil das Kosten spart und die Produzenten weltweit casten können. Ich kannte die Serie vorher nicht, und das war vielleicht mein Glück, weil ich das Vorsprechen dadurch nicht so wichtig nahm. Die Figur redet ja auch ein bisschen seltsam, nur in der dritten Person, und ich dachte anfangs: Was ist das jetzt wieder? Ich traf wohl intuitiv den richtigen Ton: sehr ruhig, ein bisschen bedrohlich, aber nicht zu abstoßend.

STANDARD: Wie halten Sie's mit Fantasy?

Wlaschiha: Ich mag Fantasy, aber es ist nicht mein bevorzugtes Genre. Ich war überrascht, als ich entdeckte, was da im Internet abgeht. Ich habe mich kurz damit befasst, es aber ganz schnell wieder abgestellt, weil alles hundertfach diskutiert und kommentiert wird. Das hilft für die Rolle nicht.

STANDARD: Worin liegt die Faszination von "Game of Thrones"?

Wlaschiha: Die Amerikaner haben begriffen, dass die Erzählstrukturen im Fernsehen sich ändern müssen, und dass man nicht ständig das Publikum unterfordern darf. Ich kann nur für Deutschland reden, aber hier braucht es definitiv größeren kreativen Mut.

STANDARD: Ein Phänomen ist "Game of Thrones" auch wegen exzessiver illegaler Downloads: Schlimm für den Markt, Schauspielern könnte das egal sein - Hauptsache, sie werden gesehen?

Wlaschiha: Für meine Popularität ist es gut, aber wenn sich das durchsetzt, kriegt keine Produktionsfirma mehr ein vernünftiges Budget zusammen, und das kann auch nicht Sinn der Sache sein. (Doris Priesching, DER STANDARD, 30./31.3./1.4.2013)