Eine Frau im Westen Kenias zeigt den Besucherinnen aus Vorarlberg stolz ein Küken. Ihre Women Group lebt von den Hühnern, pflegt und füttert sie gemeinsam und teilt untereinander den Ertrag aus Produkten wie Eiern auf.

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Migori/Dornbirn - In Migori und Umgebung, im Westen Kenias, leben einige Kühe, die auf die Namen Eva oder Anna hören. Das hat einen guten Grund: Die Frauen aus der Region, die die Tiere füttern und von ihrer Milch leben, wollten mit der Namensgebung ihre Dankbarkeit zeigen, die sie für Eva Fitz und Anna Huber aus Dornbirn in Vorarlberg empfinden. Fitz und Huber unterstützen seit Jahren die Kenianerinnen. Sie sammeln in Österreich Geld, zum Beispiel, um eine solche Kuh anzuschaffen, und waren auch schon, mit großem Hallo begrüßt, vor Ort - in Migori, mit immerhin 100.000 Einwohnern ein Zentrum der Region. Dort leben viele Witwen. Ihre Männer arbeiteten als Lastwagenfahrer oder Minenarbeiter, waren lange weg und gingen zu Prostituierten, bei denen sie sich mit Aids ansteckten.

Die Geschichte der Freundschaft zwischen den Österreicherinnen und den Frauen von Migori beginnt Anfang der 1990er-Jahre. Mithilfe der Gemeinde Altach und der Landesregierung Vorarlberg wird im Nyasare-Tal eine neun Kilometer lange Wasserleitung gebaut. Eine Sozialarbeiterin zeigt den Menschen Grundlagen der Hygiene. Schlagartig verbessert sich für 40.000 Menschen, die zuvor mit Keimen gekämpft haben, die Lebenssituation.

Getreidemühle finanziert

Danach sammelt eine engagierte Mütterrunde aus dem Oberdorf in Dornbirn Geld, um den Kenianerinnen auch eine Getreidemühle zu finanzieren. Es finden sich einige Frauen in Migori, die die Mühle betreiben, sie teilen sich die Arbeit und den Ertrag. So entsteht die erste Women Group.

Mittlerweile sind es 24 dieser Art. Ihr Startgeld kommt aus Vorarlberg. Für alles Weitere sind sie selbst verantwortlich. In jeder Gruppe sind 15 bis 20 Frauen aus unterschiedlichen Altersgruppen aktiv. Sie treffen einander einmal pro Woche, um ihre Arbeit mit einer Kuh, mit Hühnern oder Bienen zu besprechen. Manche von ihnen pflanzen auf gepachteten Feldern Bananen, Ananas, Wassermelonen oder Tabak an. Andere stellen Handarbeiten her und verkaufen sie auf dem Markt. "Mit dem Geld können sie das Notwendigste kaufen, vor allem ermöglichen sie den Kindern, die Schule zu besuchen", sagen Fitz und Huber. Beide schwärmen vom Überlebenswillen der Kenianerinnen.

Auf herkömmlichem Weg ist es beinahe unmöglich, Arbeit zu finden. Die Männer reparieren stattdessen gegen ein geringes Entgelt Fahrräder. Ein wichtiges Fortbewegungsmittel, denn öffentliche Busse gibt es nur für Transitstrecken, und die Wege sind weit. Für den Besuch der Kirche muss man einen bis zu zweistündigen Fußmarsch einkalkulieren.

Wenn die Männer besser bezahlte Arbeit finden, dann sind sie für mehrere Monate unterwegs. Damit beginnen die wirklich großen Herausforderungen für die Frauen. Und wenn in vielen Fällen Aids am Ende dieser Zeit steht, die Frauen zu Witwen werden, "vererbt" man sie traditionellerweise an den Bruder des Verstorbenen. Der hat allerdings schon eine Familie. Ein Brauch, der, wie Fitz sagt, "die Frauen immerhin absichert".

Aufklärung in der Schule

Mittlerweile haben sich viele Frauen gefunden, die allein bleiben wollen und können - auch dank des Zusammenhalts in einer der Women Groups und dank der Unterstützung eines weltoffenen Pfarrers. Die Frauen kämpfen um ihre Selbstständigkeit und das Recht, den nächsten Partner selbst auszusuchen. Und sie nehmen, selbst, wenn sie schon Kinder haben, noch Waisenkinder auf, die allein sind, weil die aidskranken Väter vor ihrem Tod auch die Mütter angesteckt haben. Sie haben Mut gefasst, das Problem Aids anzusprechen und mit Aufklärung gegen die hier immer noch tödliche Krankheit zu wirken - auch in der Schule, die durch eine Partnerschaft mit der Volksschule Altach ausgebaut werden konnte.

Bald werden Anna Huber und Eva Fitz wieder nach Migori fahren. Ein warmherziger Empfang der Kenianerinnen ist ihnen schon jetzt sicher. (Peter Illetschko, DER STANDARD, 2.4.2013)