Mit der Ausgliederung sollte plötzlich alles anders werden. Effizient, kundenorientiert und unbürokratisch werde Wiener Wohnen arbeiten, versprach der Wohnbaustadtrat. 16 Jahre nachdem Werner Faymann drei Magistratsabteilungen zur zentralen Hausverwaltung umfunktioniert hat, arbeiten die Rathaus-Roten noch immer am Hausfrieden in der Gemeindebaubetreuung: Das Kontrollamt kritisiert in regelmäßigen Abständen das in eine Gesellschaft ausgegliederte Unternehmen.

Fehlende Kontrolle, undurchsichtige Vergaben und überhöhte Rechnungen wurden bei Wiener Wohnen beanstandet. So kritisierten die städtischen Prüfer erst im März die Betriebskostenabrechnungen in den Gemeindebauten: Hausbesorgungsarbeiten, Müllabfuhr und Gartenbetreuung seien Kostentreiber, die Weiterverrechnung an die Mieter müsse sorgfältiger durchgeführt, Einsparungen müssten umgesetzt werden.

Zudem ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft bei Wiener Wohnen - wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs, der Untreue und der Absprache bei der Vergabe von Malerarbeiten. Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SP) hat inzwischen ein Untersuchungsteam eingesetzt und angekündigt, man werde nach dem Vorliegen der Ergebnisse "sofort Maßnahmen einleiten und etwaige Systemschwächen abstellen".

Rote Selbstkritik

Systemschwächen weist Faymanns Erbe offenbar einige auf. Nach der letzten Wien-Wahl räumte sogar der sonst nicht gerade zur Selbstkritik neigende Bürgermeister ein, dass sich bei Wiener Wohnen einiges ändern müsse - und das sei noch freundlich ausgedrückt, ergänzte Michael Häupl im Standard-Interview. Eine Reform des Unternehmens, das rund 200.000 Gemeindewohnungen verwaltet, hat Rot-Grün im Koalitionspapier festgeschrieben. Sie soll 2014, mit dem Umzug des Unternehmens in die Guglgasse im 3. Bezirk, abgeschlossen sein.

Dass die städtische Hausverwaltung in den letzten Jahren derart in Misskredit geraten ist, haben die Rathaus-Roten hauptsächlich den Wiener Freiheitlichen zu verdanken: Sie initiierten eine ganze Reihe von Kontrollamtsberichten, kaum ein Ressort wurde derart oft durchleuchtet. Teilweise wurden massive Missstände zutage befördert. So stellten die Prüfer fest, dass Herbert Jansky, Bruder des ehemaligen Faymann-Sprechers Wolfgang Jansky, als Chef einer Wiener-Wohnen-Tochter nicht nur einen völlig überteuerten Dienstwagen fuhr, sondern auch die Sorgfaltspflicht bei Neuanschaffungen vernachlässigte.

Sollten die Reformen nicht bald greifen, könnte das im Wiener Wahljahr 2015 für die Bürgermeisterpartei fatale Folgen haben. Schon jetzt spielt sich das Match Rot gegen Blau in der Bundeshauptstadt vor allem in den Gemeindebauten ab. Wie eine Analyse des Instituts Sora nach der Wiener Gemeinderatswahl 2010 zeigte, hätte die SP mit 57 Prozent zwar immer noch eine bequeme absolute Mehrheit, wären nur die Gemeindebaubewohner in Wien wahlberechtigt. Die Freiheitlichen schließen aber auf, mit 29 Prozent lagen sie im Gemeindebau sogar über ihrem Wien-weiten Ergebnis bei der letzten Wahl (25,8 Prozent).

Knatsch mit den Grünen

VP und Grüne haben im Gemeindebau - zumindest laut der Sora-Analyse - wenig zu melden. Die Schwarzen liegen dort bei sechs Prozent, der Junior-Regierungspartner bei fünf Prozent. Die grüne Vizebürgermeisterin versucht dennoch immer wieder, das Wohnthema an sich zu reißen - vor einigen Monaten mit dem Vorschlag, eine Mietobergrenze einzuführen. Auch bei der Volksbefragung im März wollten die Grünen das Wohnen thematisieren, nach zähen Verhandlungen mit der SP wurde die Frage aber wieder gestrichen.

Denn die Roten reagieren außerordentlich verschnupft, wenn man versucht, ihnen in ihrer Kernkompetenz dreinzureden. Wohnbaustadtrat Ludwig - dem Vassilakou noch dazu 2010 den Posten als Vizebürgermeisterin wegschnappte - sagte erst kürzlich im Standard-Interview auf die Frage, ob ihn das ärgere, wenn Vassilakou in seinem Ressort mitzureden versuche: "Man hätte sicher mehr Effekt erzielen können, wenn es hier eine Abstimmung mit uns gegeben hätte." (Andrea Heigl, Martina Stemmer, DER STANDARD, 03.04.2013)