Zahlen für jede einzelne Wohnungsbesichtigung? Vorschläge, das Tarifsystem der Makler nach Vorbild der Rechtsanwälte oder Steuerberater umzukrempeln, gibt es immer wieder.

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Die Provisionsregelungen für Immobilienmakler in Österreich sind wieder einmal unter Beschuss. Erst 2010 wurden sie per Verordnung gekürzt, nun würde die SPÖ sie am liebsten gleich ganz abschaffen - für Wohnungsmieter. Sämtliche anfallende Provisionen sollten nur noch vom Vermieter einer Wohnung bezahlt werden, so lautet einer von sieben Punkten des SPÖ-Wohnpakets, das Bundeskanzler Werner Faymann am Dienstag gemeinsam mit fünf SPÖ-Landeshauptleuten präsentiert hat.

Die ÖVP lehnt das ab - und zwar nun offenbar auch der aus den Reihen der Volkspartei stammende Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner. Er hatte 2010 die Verordnung verabschiedet und seither mehrmals erklärt, er halte diese nur für eine "Zwischenlösung".

"Retourkutsche"

Davon war am Dienstag keine Rede mehr. Mitterlehner hält den Vorschlag der SPÖ nun nur noch für eine "Retourkutsche für den Gemeindebau-Vorstoß der ÖVP".

Viele Mieter haben mit der derzeitigen Regelung aber jedenfalls nach wie vor ein Problem, das zeigen nicht zuletzt auch die zahlreichen Postings unter den Artikeln zu dem Thema. Derzeit gilt nämlich Folgendes: Wer sich mehrere Dutzend Wohnungen von verschiedenen Maklern zeigen lässt, zahlt für deren Aufwand - nichts. Erst beim Abschluss eines Miet- oder Kaufvertrags wird die Provision fällig - und das bedeutet, dass derjenige, der den Zuschlag erhält, den gesamten Aufwand eines Maklers für die Vermarktung einer bestimmten Wohnung bezahlt.

Dass diese Optik eine schwierige ist, dessen ist sich die Branche durchaus bewusst. Seitens des WKÖ-Fachverbands der Immobilientreuhänder wird gebetsmühlenartig betont, dass es einerseits oft zehn oder noch mehr Besichtigungen braucht, um eine Immobilie an den Mann bzw. die Frau zu bekommen. Und dass man andererseits auch den Aufwand sehen müsse, der dahintersteckt, für Maklerkunden aber unsichtbar bleibt: Die Vorbereitung von Dokumenten, das Recherchieren von Informationen, Behördenwege und Vertragsvorbereitungen etc.

Makler "brauchen drei Monatsmieten"

Daraus ergibt sich eine simple betriebswirtschaftliche Notwendigkeit: "Wir brauchen drei Monatsmieten Provision, um kostendeckend arbeiten zu können", erklärt der Wiener Fachverbands-Obmann Michael Pisecky. Weil es seit September 2010 vom Mieter nur noch maximal zwei Monatsmieten (in manchen Fällen auch nur eine) sein dürfen, seien die Makler seither ohnehin auf "eine ausreichende Anzahl an Vermieter-Provisionen" angewiesen.

Und so setze sich auch in Wien mittlerweile immer stärker durch, was in anderen Bundesländern schon länger selbstverständlich sei: dass auch die Vermieter-Seite ihr Schärflein zur Maklerprovision beiträgt.

Von Gesetzes wegen wäre von dort für die Makler ohnehin mehr zu holen: Für die Abgeber-Seite sind die Provisionen 2010 nicht gekürzt worden, die Makler könnten nach wie vor bis zu drei Monatsmieten auch vom Vermieter verlangen. Bis vor kurzem habe man das aber im Markt nicht durchsetzen können, hieß es dazu von Maklerseite stets. Nun ist das offenbar anders: "Das Verhältnis 1:2, also eine Monatsmiete vom Vermieter und zwei Monatsmieten vom Mieter, ist ein vernünftiges und mittlerweile auch übliches", sagt Pisecky.

Vorschlag für Tarifsystem-Revolution

Dass es auch andere Möglichkeiten für die Makler gäbe, die Kostendeckung zu erreichen, weiß Andreas G. Gressenbauer. Der Präsident des Immobilienrings (IR), eines Netzwerks unabhängiger Maklerbüros, errechnete vor wenigen Jahren einen Basisaufwand von 19 Stunden pro Objekt. Diese Kosten müssen letztlich dem Käufer oder Mieter umgehängt werden - ganz egal, wie viele Besichtigungen dieser zuvor in Anspruch genommen hat.

Gressenbauer hält das auch selbst nicht für das fairste aller Systeme und hat deshalb schon 2010 den Vorschlag gemacht, dass die Branche "in Expertengruppen über Alternativen nachdenken und ein neues Honorarsystem entwickeln sollte". Ein klar strukturiertes und nachvollziehbares Tarifsystem schwebte ihm damals vor, "ähnlich wie bei der Verrechnung von Honoraren freier Berufe wie Ärzte, Anwälte oder Steuerberater". Die Kunden sollten nur noch für tatsächlich bezogene Einzelleistungen zahlen, "unabhängig davon, ob ein Vertrag zustande kommt oder nicht".

"Erfolgsabhängige Komponente"

Rechtsanwälte, aber beispielsweise auch Steuerberater hätten eine ganz klare Auflistung darüber, was bei ihnen wie viel kostet, sagt Gressenbauer im Gespräch mit derStandard.at. "Wir könnten uns gut vorstellen, so etwas auch bei uns Maklern einzuführen: ein für jeden Interessenten kostenloses Kurzexposé mit den relevanten Eckdaten, dazu eine Basis-Preisliste für sämtliche weiteren Dienstleistungen wie Besichtigungen, und schließlich noch eine erfolgsabhängige Komponente, die im Fall des Abschlusses schlagend wird. Den Vertragsparteien bleibt es dabei freigestellt, welche Leistungen in Anspruch genommen werden."

Klingt durchaus vernünftig - hat aber bisher außerhalb des Immobilienring-Vorstands niemanden wirklich interessiert. Aus der Politik oder gar der Kammer ist ihm nämlich bisher keine Reaktion zu seinem Vorstoß zu Ohren gekommen. Im Detail habe man die Pläne deshalb noch nicht ausgearbeitet. "Wenn uns aber jemand zu Gesprächen darüber einlädt, können wir unser Konzept fundiert darlegen."

"Keine aktive Diskussion"

Makler-Obmann Pisecky bestätigt, dass es in der Kammer über ein solches System "keine aktive Diskussion" gibt. "Wir wollen grundsätzlich beim Erfolgshonorar bleiben." Ganz vom Tisch wischt er die Idee vom leistungsbezogenen Tarifsystem aber nicht. "Eine Kombination aus beiden Systemen wäre durchaus eine Überlegung wert. Die Maklerverordnung sieht das aber derzeit nicht vor." Und aktiv angestrebt wird eine diesbezügliche Änderung von den Maklern auch nicht.

Derzeit ist man in der Kammer nämlich ohnehin (einmal mehr) mit anderem beschäftigt, dazu gehört die Verteidigung gegen die neuen SPÖ-Ideen punkto Maklerverordnung. Pisecky will deshalb auch festgehalten wissen, dass die Behauptung, die Makler würden nichts für Mieter tun, ein "Verkennen der Situation" sei. "Maklerprovisionen sind eine Gebühr für die Leistungen des Maklers gegenüber Vermieter und Mieter." Man sei deshalb auch im Interesse der Mieter tätig, "und wir tun das gern", so Pisecky, der diesbezüglich auf die Rechtssicherheit hinweist, "die ein Mieter erhält, wenn er ein Mietanbot beim Makler unterzeichnet". 

Haftungsfragen offen

Ins selbe Horn stößt auch Immobilienring-Präsident Gressenbauer: "Eine Reduktion oder gar eine Abschaffung der Maklerprovision kann nicht den gewünschten Erfolg von mehr Serviceleistung bringen." Und auch für den Geschäftsführer des Österreichischen Verbands der Immobilienwirtschaft (ÖVI), Anton Holzapfel, hätten Mieter nach einer etwaigen Abschaffung der Mieterprovision "schlechtere Karten als bisher. Der Makler haftet dann dem Mieter gegenüber nicht mehr direkt für seine Beratungstätigkeit."

Die Forderung von SPÖ-Seite, dass der Vermieter die Kosten des Maklers tragen sollte, lehnt Holzapfel jedenfalls vehement ab, "solange die gesetzlichen Mietzinsbeschränkungen eine faire Kalkulation der Miete verhindern". Denn letztendlich seien die Kosten für den "Vertrieb", diesfalls also für den Makler – "wie bei jedem anderen Produkt, das auf dem Markt verfügbar ist" – in den Preis einzukalkulieren. "Ein Vermieter, der den strengen gesetzlichen Mietzinsbeschränkungen unterliegt, hat diese Möglichkeiten aber nicht." (Martin Putschögl, derStandard.at, 3.4.2013)