Paris/Wien - Die EU rückt immer weiter von ihren Entwicklungshilfezielen ab. Vor allem die von der Schuldenkrise erfassten Staaten haben ihre Ausgaben in dem Bereich kräftig reduziert, sodass die gesamte Union 2012 zum zweiten Mal in Folge sinkende Quoten verzeichnet. Sie sank im Vorjahr von zuvor 0,42 auf 0,39 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE). Auch global gingen die Ausgaben für die armen Staaten zurück. Die OECD konstatiert erstmals seit 1996/97 einen Rückgang der Zahlungen über zwei Jahre hinweg, wie die Organisation für wirtschaftliche Kooperation und Entwicklung am Mittwoch bekanntgab.

Tatsächlich gravierend sind die Rückgänge in den EU-Krisenländern. Sie reichen von 5,8 Prozent in Irland über 34,7 Prozent in Italien bis 49,7 Prozent in Spanien. Österreich konnte zwar einen geringfügigen Anstieg auf 0,28 Prozent (920 Mio. Euro) erzielen, zählt damit aber nach wie vor zu den internationalen Schlusslichtern bei den Entwicklungsausgaben. Hinzu kommt, dass die Steigerung ausschließlich Folge eines Schuldenerlasses gegenüber Côte d'Ivoire ist, der auf gut 70 Mio. Euro taxiert wurde. Dabei war die Kontrollbank mit von der Partie, die im Auftrag der Republik Haftungen für Exporte österreichischer Betriebe vergibt.

Entwicklungshilfe nur "Phantomhilfe"

Nichtregierungsorganisationen sehen darin keinen vollwertigen Beitrag, weil es sich ohnehin um nicht einbringliche Forderungen handle und überdies kein frisches Geld fließe. Die Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung, Annelies Vilim, sprach am Mittwoch daher von "geschönten Zahlen". Sie forderte in einer Aussendung eine "echte Trendwende in der heimischen Entwicklungspolitik." In der Arbeitsgruppe sind unter anderem Ärzte ohne Grenzen Österreich, Volkshilfe und Caritas vertreten. Ebenfalls zum Bereich der "Phantomhilfe" zählt die Organisation Unterstützungen für ausländische Studierende sowie für Flüchtlinge.

Von Regierungsseite wird hingegen darauf verwiesen, dass der Verzicht auf den Schuldendienst sehr wohl eine effektive Entlastung darstelle und diese Vorgangsweise auch international üblich sei. Nicht in Abrede gestellt wird vom Außenamt, dass das Ziel, die Entwicklungshilfe bis 2015 auf 0,7 Prozent des BNE zu steigern, verfehlt werde.

Was der OECD zusätzliche Sorgen bereitet: Die Hilfe geht vermehrt in Schwellenländer, während die Zuwendungen an die ärmsten Regionen schrumpfen. China, Indien, Indonesien oder Vietnam konnten einen Anstieg der Entwicklungshilfe verzeichnen, während die Subsahara mit um acht Prozent geringen Zahlungen konfrontiert ist.

Dass Sparzwänge nicht zulasten der Entwicklungshilfe gehen müssen zeigt laut OECD das Beispiel Großbritannien, wo das Ziel von 0,7 Prozent heuer bereits erreicht werden soll. Die skandinavischen Länder liegen weit über dem Zielwert. In absoluten Zahlen sind die USA vorne. (as, DER STANDARD, 4.4.2013)