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Wenn die "Avaaz"-Kampagne Erfolg hat, bleiben auf den Malediven wohl in Zukunft zahlreiche Liegstühle leer

Foto: AP/dapd/Gemunu Amarasinghe

Die Malediven präsentieren sich gern als idyllisches Inselparadies, das wohlhabenden Gästen Entspannung an weißen Palmenstränden bietet. Zu gehobenen Preisen bieten Reiseveranstalter "Urlaub im Paradies auf Erden" an, einschlägige Tourismus-Webseiten bezeichnen den Inselstaat als "eines der sichersten Länder weltweit" und warnen lediglich davor, nackt am Strand zu liegen, weil das gegen die dort geltende Scharia verstößt

Eine Kampagne der Petitions-Website "Avaaz" kommt der Regierung nun  äußerst ungelegen: Die Internet-Aktivisten haben fast zwei Millionen Unterstützer mobilisiert, die wegen eines umstrittenen Urteils zum Boykott des Urlaubsziels aufrufen. 

Ursache der Proteste: Ein Gericht auf der Insel Feydhoo verurteilte im Jänner ein 15-jähriges Mädchen wegen "Unzucht" zu acht Monaten Hausarrest und hundert Peitschenhieben. Die Minderjährige war ins Visier der Ermittler geraten, als in der Dusche vor dem Haus der Familie ein totes Baby gefunden wurde. Laut Polizeiangaben hatte Abdul Gafoor Gasim, der Stiefvater der 15-Jährigen, das Neugeborene getötet. Außerdem wird ihm vorgeworfen, seine Stieftochter jahrelang vergewaltigt zu haben. Gegen die Eltern wurde Mordanklage erhoben.

Im Verhör gab das Mädchen dann an, Sex mit einem weiteren Mann gehabt zu haben, worauf das Gericht die drastische Strafe verhängte. Da die Prügelstrafe nicht an Minderjährigen vollzogen wird, soll sie nach Vollendung ihres 18. Lebensjahrs ausgepeitscht werden.

93 "Unzucht"-Urteile gegen Frauen

Auf den Malediven wurden laut Angaben des Justizministeriums im Jahr 2011 104 Personen wegen "Unzucht" zu Prügelstrafen verurteilt. 93 Verurteilte waren Frauen, zehn davon unter 18 Jahren.

Die "Avaaz"-Kampagne richtet sich gezielt gegen die Tourismuswirtschaft das Landes: Sie ruft dazu auf, dort anzusetzen, "wo es der maledivischen Regierung richtig weh tut". Mit Inseraten in Reisemagazinen sollen potenzielle Gäste abgeschreckt werden.

Präsident für Revision

Der stellvertretende Tourismusminister des Landes unterstellte den Aktivisten daraufhin "fragwürdige Motive": Ein Boykott mache notwendige Reformen nur schwieriger. Präsident Mohamed Waheed kritisierte Ende Februar auf Twitter das Urteil und versprach, sich für eine Revision einsetzen.

Tourismus ist die Haupteinnahmequelle der Malediven: Mehr als 90 Prozent der Steuereinnahmen kommen aus der Reisebranche oder davon abhängigen Geschäftszweigen. Die Regierung gab im vergangenen Jahr 250.000 Dollar (195.000 Euro) für eine großangelegte Werbekampagne im Wetterbericht der BBC aus, für eine Gebühr von 150.000 Dollar (116.000 Euro) im Monat arbeiten PR-Berater von Rudder Finn Konzepte zur Imageverbesserung aus. (bed, derStandard.at, 5.4.2013)