Nikosia/Istanbul – Es war der 10. Dezember 2009, die Umrisse der Staatspleite in Griechenland waren bereits halbwegs erkennbar, da entschieden sich Manager der Bank of Cyprus (BOC) in Nikosia, erst griechische Staatsanleihen zu verkaufen und dann aber gleich noch viel mehr zu kaufen: So beginnt die Geschichte von der Bankenkrise auf Zypern, die nun die Insel unter den Rettungsschirm der Troika gebracht hat und den Finanzdienstplatz wohl weitgehend zerstört.

Von 1,8 Milliarden auf nur noch 100 Millionen Euro hatte die BOC bis zu jenem 10. Dezember ihren Bestand an den risikoreich gewordenen griechischen Staatsanleihen radikal verkleinert. Doch noch am selben Tag begann der Wiederankauf. Drei Milliarden Euro Kredit nahm die Bank dafür noch bei der EZB auf. Bis zum Juni 2010 – Griechenland hatte bereits seinen ersten großen Rettungskredit samt Sparprogramm – waren die griechischen Anleihen bei der BOC, der größten zypriotischen Bank, auf stolze 2,4 Milliarden Euro angewachsen. Dies geht aus einer vertraulichen, am Freitag aber in zyprischen Medien veröffentlichten Untersuchung hervor, die die Zentralbank in Nikosia bei der BOC anstellen ließ. Das Ergebnis wurde am 26. März vorgelegt.

"Absolute Gewinnstrategie"

Welche Überlegung hinter dem Massenankauf stand, gehe aus den bankinternen Dokumenten nicht klar hervor, schreiben die Prüfer von Alvarez & Marsal, einem führenden Diligence-Unternehmen. Interviews ergaben, dass die Bank mit dem Kauf der griechischen Staatsanleihen eine "absolute Gewinnstrategie" zu verfolgen glaubte.

Erleichtert wurde den Prüfern die Arbeit in der BOC nicht gerade: Zwei ehemalige Manager der Bank löschten offenbar mengenweise Daten auf ihren Computern. Die Prüfer von Alvarez & Marsal berichten von wochenlangen Verzögerungen bei der Übergabe von Informationen.

Der große Anteil griechischer Staatsanleihen führte nach dem Haircut, den die Euro-Finanzminister im Frühjahr 2012 beschlossen, zu enormen Ausfällen bei der Bank of Cyprus und bei Laiki, der anderen zypriotischen Großbank, Die BOC verlor allein 1,9 Milliarden Euro.

In Nikosia und anderen Städten im griechischen Süden der Insel gab es am Freitag längere Schlangen vor den Banken. Gerüchte über eine neue Zwangsabgabe auf Bankkonten hatten die Bewohner nervös gemacht. Bei der Zeitung Politis ging ein anonymer Brief  mit Morddrohungen an Präsident Nikos Anastasiades, Zentralbankchef Panicos Demetriades und deren Familien ein. (mab, DER STANDARD, 5.4.2013)