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Die jahrelange Behandlung mit Levodopa kann zu Wirkungsschwankungen mit körperlichen Folgen führen, weiß der Neurologe Willi Gerschlager.

STANDARD: Ist Parkinson schwierig behandelbar?

Gerschlager: Es gibt ein sehr breites Arsenal an Medikamenten und nicht-medikamentösen Therapieansätzen, womit man die Lebensqualität entscheidend verbessern und über viele Jahre erhalten kann. Parkinson ist eine chronische Krankheit, auf die man sich einstellen kann. Durch moderne Therapie können viele Patienten ihr Leben oft ohne wesentliche Einschränkungen weiterführen.

STANDARD: Wie wird behandelt?

Gerschlager: Das ist klar in Richtlinien festgelegt. Patienten unter 70 Jahren stellt man zu Krankheitsbeginn mit Dopaminagonisten ein. Bei älteren Personen erfolgt die erste Einstellung hingegen mit Levodopa.

STANDARD: Warum?

Gerschlager: Wenn jahrelang Levodopa gegeben wird, kann es zu Wirkungsschwankungen kommen, oder Patienten leiden unter Dyskinesien, das sind unkontrollierte Überbewegungen. Bei jüngeren Erkrankten ist das Risiko für diese Störungen am höchsten. Deshalb versucht man, ihnen so lange wie möglich Dopaminagonisten zu geben. In einem späteren Stadium kann aber die symptomatische Wirkung zu schwach sein, und eine Zusatztherapie mit Levodopa wird oft notwendig.

STANDARD: Warum sind diese Therapien nicht dauerhaft erfolgreich?

Gerschlager: Die Medikamente reichen früher oder später zur Reizung des Dopamin-Systems nicht mehr aus, die typischen Parkinson-Symptome kehren zurück. Oft kommen dann noch Apathie, Inkontinenz, Schmerz und Verstopfung dazu. Die Krankheit verläuft im Gehirn praktisch von unten nach oben. Ab einem bestimmten Zeitpunkt kann auch die Hirnrinde betroffen sein, und es können kognitive Störungen auftreten. Diese Probleme können dann nicht mehr über das dopaminerge System behandelt werden, es braucht andere Medikamente.

STANDARD: Welche Nebenwirkungen gibt es?

Gerschlager: 13 Prozent der mit Dopaminagonisten behandelten Personen entwickeln im Verlauf der Krankheit eine Störung der Impulskontrolle. Bestimmte Gehirnzentren werden dann überstimuliert, was zu Spielsucht, Essattacken oder auch Hypersexualisierung führen kann. Man muss die Patienten diesbezüglich genau aufklären. Sonst passiert es, dass solche Probleme verschwiegen werden und keine Anpassung der Therapie erfolgt. In der Regel sind die Medikamente sehr gut verträglich, und die Wirkung auf die Parkinson-Symptome ist meist gut.

STANDARD: Sind neue, alternative Behandlungsmethoden in Sicht?

Gerschlager: Man arbeitet zurzeit an Präparaten mit länger anhaltender Wirkung und versucht, den Neuronenverlust mittels Stammzellen auszugleichen. Darüber hinaus wird versucht, sogenannte Wachstumsfaktoren direkt in die betroffenen Hirnareale einzubringen. Allerdings sind das Ansätze, die vermutlich in den nächsten Jahren in der klinischen Praxis noch nicht eingesetzt werden können.

STANDARD: Setzt man außer der Symptombekämpfung auch bei den Ursachen an?

Gerschlager: Es gibt interessante Forschungsansätze, aber derzeit ist ein solcher Durchbruch leider nicht absehbar. (Kurt de Swaaf, DER STANDARD, 8.4.2013)