Frauen ersetzten im Ersten Weltkrieg in vielen Zivilberufen die Männer. Sie kämpften aber auch als Soldatinnen an der Front - erst heimlich, später offiziell im freiwilligen Frauenhilfskorps.

Foto: Heeresgeschichtliches Museum Wien

"Für Gott, Kaiser und Vaterland": Mit Frauen in patriotischer Darstellung, göttinnengleich, kämpferisch oder schutzbedürftig mit Kindern, wurde für den Kauf von Kriegsanleihen geworben oder Begeisterung für den Krieg geschürt.

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In der Rüstungsindustrie, in Munitions-, Pulver- und Stacheldrahtfabriken, werkten Arbeiterinnen unter Lebensgefahr bis zu 13 Stunden täglich.

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Arbeiterinnen in der Munitionsfabrik im Skoda-Werk in Pilsen.

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Alltag in einem Betrieb, in dem Kappen für Soldaten ausgebessert wurden.

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Viele Frauen waren in Militärschreibstuben beschäftigt.

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Ein weiterer wichtiger Einsatzbereich für Frauen im Krieg waren die zahlreichen Lazarette und Feldspitäler.

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Alice Schalek, die einzig bekannte akkreditierte Kriegsberichterstatterin im Ersten Weltkrieg.

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Als Friedenskämpferin Bertha von Suttner am 21. Juni 1914 starb, war sie erfüllt von der Hoffnung, dass die Frauen dazu beitragen würden, weiteren Krieg in der Welt zu verhindern. Dabei war ihr bewusst, dass nicht alle Frauen so an den Frieden glaubten wie sie: "Es ist durchaus nicht richtig, wie manche behaupten, die in der Friedensbewegung nur eine unmännliche Sentimentalität sehen, daß alle Frauen von Natur aus dem Kriege abhold sind", schrieb sie in einem ihrer letzten Appelle an "die lieben Schwestern" beim Frauenkongress im Mai 1914. Wenige Wochen später brach der Erste Weltkrieg aus.

In welch vielfältiger Form Frauen im und für den Ersten Weltkrieg aktiv waren, aber auch, wie das Bild der Frau für Propagandazwecke benutzt und Frauen als billige Arbeitskräfte missbraucht wurden, beleuchtet die Sonderausstellung "WoMen at War", die bis 29. September im Heeresgeschichtlichen Museum in Wien zu sehen ist.

Frauen erhalten die Familie

Tausende Männer mussten ihre Arbeitsplätze in Industrie, Staatsdienst und Landwirtschaft verlassen und an die Front ziehen. Zurück blieben die Frauen, die nun alleinverantwortlich für Haushalt, Hof und Kinder waren. Der Unterhaltsbeitrag, den der Staat den Familien Eingerückter bezahlte, reichte kaum zum Leben aus. Die Zahl der Prostituierten stieg mit Kriegsbeginn stark an. Frauenvereine sammelten Geld und Sachspenden, organisierten Kriegsausspeisungen und hielten Vorträge über sparsame Haushaltsführung und die Möglichkeit, "aus nichts etwas zu machen".

Die durch den Kriegsdienst freiwerdenden Arbeitsplätze der Männer boten den Frauen aber auch die Chance auf ein eigenes Einkommen, auf Unabhängigkeit und Gleichberechtigung. Frauen ersetzten nun die Männer in den Zivilberufen: Als Tramwayfahrerinnen, Briefträgerinnen, Kraftwagenführerinnen, Schaffnerinnen oder Straßenarbeiterinnen verrichteten sie Arbeiten, die mann ihnen zuvor nicht zutraute. Auch die Aufstiegschancen für Frauen im Betrieb waren besser als vor dem Krieg.

Weniger Lohn für gleichschwere Arbeit

Doch ihr Einsatz wurde auch schamlos ausgenutzt: Frauen erhielten für die gleiche Arbeit meist nur bis zu 40 Prozent des Lohnes der Männer, mit der Begründung, dass sie nicht so belastbar wären wie diese und deshalb weniger leisten würden. Überstunden wurden nicht bezahlt. Arbeiterinnen in der Rüstungsindustrie, in Munitions-, Pulver- und Stacheldrahtfabriken, werkten unter Lebensgefahr bis zu 13 Stunden täglich, bei Aufhebung des Nachtarbeitsverbotes und der Sonntagsruhe. Unfälle, Krankheiten und Fehlgeburten häuften sich. Wagten die Frauen es, öffentlich gegen die unzumutbaren Zustände zu protestieren, wurde dies als Verhetzung ausgelegt und streng bestraft.

Einsatz an der Front

In der Krankenpflege und im Sanitätsdienst arbeiteten ebenfalls zunehmend Frauen. Diplomierte Krankenschwestern gab es aber noch kaum, da die Krankenpflegeausbildung am Wiener Allgemeinen Krankenhaus erst 1913 startete, in Prag 1914. Das Rote Kreuz bildete interessierte Frauen deshalb in Kursen für die Pflegearbeit in den Lazaretten und Feldspitälern an der Front aus.

Der Einsatz von Frauen und Mädchen im Frontgebiet erfolgte in Österreich-Ungarn ausschließlich auf freiwilliger Basis. Zum Teil wurden Frauen eingesetzt, um an den feindlichen Linien Informationen über die Gegner zu sammeln, andere versorgten die kämpfenden Truppen mit Lebensmitteln und Wasser oder ersetzten die Männer in den Schreibstuben der militärischen Dienststellen.

Versteckte Soldatinnen beim Regiment

Es gab aber auch Frauen, die als Soldatinnen mitkämpften, obwohl das zunächst weder vorgesehen noch erwünscht war: Immer wieder gelang es einigen, sich unter falschem Namen als Mann in die Armee einzuschmuggeln und Frontdienst zu leisten. Maria Senta Hauler etwa wurde als vermeintlicher "Schütze Wolf Hauler" ins Infanterieregiment aufgenommen und erhielt für ihren Einsatz gar eine Tapferkeitsmedaille. Als ihre falsche Identität aufflog, wurde sie in den Nachrichtendienst überstellt. Die Vorarlbergerin Stephanie Hollenstein rückte als "Stephan" an die Front ein, musste, nachdem der Irrtum bemerkt wurde, den Dienst quittieren und wirkte fortan als malende Berichterstatterin.

Als einzig bekannte und umstrittene Kriegsreporterin des Ersten Weltkriegs gilt Alice Schalek, Mitbegründerin der Wohltätigkeitsorganisation Schwarz-gelbes Kreuz. Für die Neue Freie Presse lieferte sie Stimmungsberichte von der Front. Sie berichtete unter anderem über die Kämpfe in den Dolomiten und den Serbienfeldzug. Für ihre offen zur Schau getragene Kriegsbegeisterung wurde sie teils harsch kritisiert und unter Druck gesetzt. Karl Kraus bezeichnet sie in "Die letzten Tage der Menschheit" gar als "kriegslüsternes Mannsweib".

Weibliches Hilfskorps

1917, als der Krieg bereits tausende Opfer gefordert hatte, gestattete der Kaiser die Gründung eines freiwilligen weiblichen Hilfskorps. Zigtausende Frauen übernahmen daraufhin militärische Hilfsfunktionen. Tausende schleppten auch als "portatrici" in den Karnischen Alpen täglich 30 bis 40 Kilo an Kriegsmaterialien, Lebensmitteln und Medikamente auf bis zu tausend Höhenmeter zu den Truppen in die Berge.

Kein Dank

Gedankt wurde den Frauen ihr Einsatz nach dem Krieg nicht: Die heimkehrenden Männer kehrten auf ihre Posten zurück. Kriegswitwen wurden zu Bittstellerinnen. "Zum Wählen zu dumm - aber zur Arbeitspflicht für das Kriegsführen gescheit genug", brachte es die Frauenrechtlerin Adelheid Popp bei der Frauentagsversammlung im März 1918 auf den Punkt. "Als Männerersatz haben die Frauen überall Verwendung gefunden, wo menschliche Arbeit gebraucht wird. Schweres und Unmenschliches haben die arbeitenden Frauen im Krieg erduldet. Die hergebrachten Redensarten aber von der Frau, die ins Haus gehöre, könnte man endlich aufgeben ..." Die Frauen mussten jedoch erkennen, dass sie vielfach nur als billiger Arbeitskräfteersatz betrachtet worden waren, anstatt der Gleichberechtigung, wie gedacht, ein Stück näher zu kommen. (Isabella Lechner, dieStandard.at, 7.4.2013)