Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) ist zur Bekämpfung der Steuerflucht zu Gesprächen mit der EU über einen verbesserten Datenaustausch bereit. "Am Bankgeheimnis für österreichische Sparer wird nicht gerüttelt", versichert er gleichzeitig im Gespräch mit dem STANDARD. Die ÖVP will an der bisherigen Position festhalten.

In 25 EU-Staaten werden die Zinserträge ausländischer Anleger mit EU-Wohnsitz automatisch an deren zuständige Heimatfinanzämter gemeldet. Über einen derartigen Datenfluss zu verhandeln, zeigt sich der Kanzler nun bereit. Bisher hatte sich Österreich wie davor Luxemburg in dieser Frage nicht bewegt.

Wien - Die Abwehrfront der Regierung beim Bankgeheimnis bekommt Risse, wenngleich konkrete Schritte noch unklar sind. Klarer ist, dass Österreich nach wie vor ein attraktives Land für ausländische Anleger ist. Die bisher schon erfolgte Aufweichung des Bankgeheimnisses hat daran nichts geändert.

Laut Nationalbank liegen derzeit 53 Milliarden Euro ausländischer Sicht- und Termineinlagen auf heimischen Konten, was einer Verdoppelung seit dem Jahr 2004 entspricht. 35 Milliarden davon stammen aus der EU, wovon der überwiegende Teil aus Deutschland stammen dürfte. Investments in Wertpapieren sind dabei nicht erfasst.

Dass sich unter den Mitteln jede Menge unversteuertes Geld befindet, davon gehen Experten wie die Wifo-Ökonomin Margit Schratzenstaller oder der Finanzrechtsprofessor Werner Doralt aus. Dass die Veranlagungskünste heimischer Banken um so viel höher wären als die beispielsweise deutscher Institute, wird bezweifelt. "Österreich wird um den Datenaustausch in der EU nicht herumkommen, meint Schratzenstaller.

Relativ unsicher sind Angaben, inwieweit wenigstens die Zinserträge besteuert werden. Die von EU-Ausländern zu zahlende Quellensteuer beträgt 35 Prozent. Das 2012 erzielte Aufkommen von 89 Millionen Euro wird zu drei Viertel in die Wohnländer der ausländischen Anleger überwiesen, den Rest behält Österreich als Entschädigung für den Verwaltungsaufwand ein.

Die relativ geringen Einnahmen hängen auch damit zusammen, dass die Quellensteuer leicht umgangen werden kann. Erfasst werden nämlich nur "klassische Zinsen" auf Einlagen, Anleihen und Investmentfonds, die zu mehr als 40 Prozent in festverzinsliche Veranlagungen gehen. Kursgewinne auf Aktien, Dividenden, Zertifikate oder Lebensversicherungen unterliegen nicht der Quellensteuer. Die  Banken sind ziemlich umtriebig, für Kunden (legale) Alternativen anzubieten. Nullkuponanleihen zählen ebenso dazu wie andere Sparanlagen, die dann aber als Lebensversicherung verpackt werden.

Dank dieser Gestaltungsmöglichkeiten und eben der Ausnahme vom automatischen Informationsaustausch sind die heimischen Banken beim Kundenfang im Ausland nach wie vor erfolgreich. Herrlich verbinden lässt sich die Veranlagung mit dem Urlaub, wie die hohe Bankendichte in westlichen Tourismusregionen zeigt. Gäste finanzieren die Kosten des Aufenthalts praktischerweise nicht selten aus den Erträgen aus dem Depot vor Ort. Das Bankgeheimnis lässt sich nach wie vor gut vermarkten: Mit dem "Sonderstatuts in der EU, der auch unseren deutschen Kunden zugutekommt", wirbt etwa die Tiroler Sparkasse in Jungholz. "Am automatischen Informationsaustausch innerhalb der Finanzbehörden in der EU wird sich Österreich weiterhin nicht beteiligen", tut auch die Vorarlberger Hypo im Kleinwalsertal kund.

Restriktive Amtshilfe

Was die Kunden zudem schätzen: Zugriffe sind auch dann schwierig, wenn sich ausländische Behörden zur Verfolgung von potenziellen Steuerflüchtlingen an Österreich wenden. Zwar musste Wien die OECD-Standards übernehmen, um von der grauen Liste zu kommen. Doch die Details haben es in sich: Das über Doppelbesteuerungsabkommen ausgehandelte Prozedere verlangt relativ genaue Daten über die Verfolgten. Das deutsche Finanzamt muss beispielsweise Namen und österreichische Bankverbindung des Verdächtigen kennen. Eine Kontonummer allein reicht nicht aus. In der Praxis ist es schwierig, Steuerflüchtlingen auf die Spur zukommen. Zudem muss das Finanzamt nachweisen, dass es alle Möglichkeiten der Ermittlungen ausgeschöpft hat. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 9.4.2013)