Wien - Zufriedene Gesichter auf beiden Seiten: In der Vermögensstudie der Europäischen Zentralbank (EZB) finden Politiker sowohl links als auch rechts der Mitte Argumente für die eigene Linie.
Gewerkschaft, Arbeiterkammer und SPÖ sehen die Einführung einer Vermögenssteuer ebenso als logische Konsequenz wie die NGO Attac und die Grünen, die anhand der EZB-Daten ein Modell für eine Erbschaftssteuer basteln wollen. Im Fokus stünden dabei die "obersten 20 Prozent", sagt der Abgeordnete Bruno Rossmann. Diese Oberschicht besitzt laut Studie über die 15 untersuchten Euroländer gerechnet zwei Drittel des Nettovermögens, in Österreich sogar über 70 Prozent. Wie der Standard berichtete, ist Vermögen gemäß der Daten sonst nur noch in Deutschland ungleicher verteilt.
Ruf nach Vermögenssteuer
Den Ruf nach Vermögenssteuer hält die Gegenseite dennoch für den falschen Schluss. Fazit der Studie sei schließlich, "dass es in Österreich nicht viel Vermögen gibt", sagen Johannes Rauch und Peter Haubner. Die Generalsekretäre von ÖVP und Wirtschaftsbund spielen darauf an, dass der Median des Vermögens (die eine Hälfte der Haushalte hat mehr, die andere weniger) in Österreich mit 76.400 Euro deutlich unter dem Euro-Durchschnitt liegt. Krisenstaatler wie die Spanier oder die Italiener kommen auf über 170.000 Euro. Weil dies damit zusammenhängt, dass es in Österreich relativ wenige Eigenheimbesitzer gibt, gelte es, gegen die SPÖ-Gelüste die Schaffung von Eigentum zu stärken, folgert Rauch.
Die Feinanalyse zeigt jedoch ein differenzierteres Bild. Das Top-Zehntel der österreichischen Haushalte ist nicht ärmer als die Oberschichten in Italien oder Spanien, sondern reicher: Das Durchschnittsvermögen beträgt in dieser Kategorie 1,64 Millionen - vierthöchster Wert im Euroraum.
Ulrich Schuh bezweifelt die Vergleichssummen generell. Es sei auszuschließen, dass Durchschnittsspanier reicher seien als Österreicher, sagt der Wirtschaftsforscher vom industrienahen Institut Eco Austria und verweist auf Unsicherheiten bei der Erfassung von Vermögensdaten, gerade unter dem Eindruck von Immobilienblasen. Schuh sieht in der Studie dennoch einen ersten, wichtige Schritt zu besseren Vermögensdaten: "Aber vieles bleibt noch im Dunkeln." (jo/APA, DER STANDARD, 11.4.2013)