Der Zuschauerschnitt in Österreichs Fußballliga sinkt jährlich. Beim ehemaligen Euro-Partner Schweiz ist genau das Gegenteil der Fall. Ein ausführlicher Blick in die eidgenössische Super League und deren Stadien.

 

 

Fünf Jahre nach der Euro 2008 fällt die österreichische Bilanz in puncto Stadion-Infrastruktur bitter aus: Von vier EM-Stadien werden zwei (Wien, Klagenfurt) nicht genützt, in die beiden anderen (Innsbruck, Salzburg) verlieren sich nur noch Unentwegte.

Zuletzt betrug der Schnitt in der Bundesliga gerade noch 6.500 Zuseher, die wenigsten Spitzenspiele finden vor ausverkauftem Haus statt. Und schon droht mit der Untersberg-Arena des potenziellen Aufsteigers SV Grödig, der nächste Sportplatz die höchste Spielklasse zu beglücken.

Aber wie läuft es bei Veranstaltungspartner Schweiz? Besser.

 

 

Die Super League konnte ihren Zuschauerschnitt kontinuierlich auf über 12.000 anheben. Zugpferd ist dabei natürlich der FC Basel mit 28.143 Zusehern pro Spiel. Fünf weitere Vereine begrüßen ebenfalls über 10.000 Zuseher pro Matchtag. Neben dem St. Jakob-Park ist auch das Stade de Suisse von Bern ein gut besuchtes (17.564 Schnitt) EM-Stadion. Sorgenkinder sind hingegen der Letzigrund von Zürich und das Stade de Genève.

"Ein Elektro-Grill macht keine guten Würste"

Mämä Sykora, seines Zeichens Chefredakteur des Fußballmagazins "zwölf", kennt die Ursachen: "Das Stade de Genève ist ein Desaster, Servette braucht niemals so ein großes Stadion. Jetzt stehen sie wieder kurz vor dem Abstieg. Sie haben wenige Fans und starke Konkurrenz durch Eishockey. Die Pläne entstanden als Servette größenwahnsinnig war."

Der Letzigrund wiederum "genügt fußballerischen Ansprüchen nicht. Als ob die Laufbahn nicht schon genug wäre, zieht es fürchterlich und das Catering ist eine einzige Katastrophe. Ein Elektro-Grill macht keine guten Würste." Sowohl die Grasshoppers als auch Lokalrivale FC Zürich spielen am Letzigrund, beide Vereine würden lieber heute als morgen ausziehen. 

Licht am Zürcher Horizont

Die hohe Stadionmiete hätte die Grasshoppers beinahe in den Abgrund gezogen, doch Hoffnung naht: Der Zürcher Gemeinderat hat am 11. Mai grünes Licht für ein neues, reines Fußballstadion auf dem Hardturm-Areal gegeben. Nun ist das Volk am Zug, also die direkte Demokratie. Und die kann in Zürich hartnäckig sein. "Das kann alles sehr lange dauern", sagt Sykora.

In den kleineren Städten seien Stadionprojekte leichter umzusetzen, so blieb die Zeitrechnung der eidgenössischen Stadionwelt auch nicht - wie in Österreich - mit der Euro 2008 stehen. Ganz im Gegenteil: in St. Gallen, Luzern und Thun entstanden jeweils neue Arenen, die modernen Ansprüchen gerecht werden.

Strenge Lizenz-Auflagen für Stadien

Um in der Super League überhaupt mitspielen zu dürfen, müssen die Vereine strenge Auflagen in puncto Stadien erfüllen. Unter anderem müssen mindestens 8.000 Sitzplätze vorhanden sein. Ein Kriterium, das die SV Ried ebenso wenig erfüllen könnte wie Wolfsberg oder Wr. Neustadt. In Österreich fordern die Lizenzauflagen lediglich 3.000 Sitzplätze.

"Man will Vereine wie Yverdon oder Kriens mit ihren Sportplätzen von der Liga fernhalten", erzählt Sykora. Ab 2015 ist auch eine Rasenheizung Pflicht, ein ausgedehntes VIP-Areal wurde ebenso in den Auflagen verankert.

 

 

Die Zehnerliga stößt auch in der Schweiz nicht nur auf Gegenliebe, vier Mal im Jahr gegen den selben Verein zu spielen, sei mitunter doch etwas öd. Im Gegensatz zu Österreich ist in der Schweiz aber nun der seltene Glücksfall eingetreten, dass die Liga quasi in Optimal-Besetzung antritt. "Mehr geht einfach nicht", sagt Sykora. Einzig Xamax Neuchatel könnte die Liga mit dem schicken und herrlich gelegenen Stade de la Maladière noch aufwerten.

Die hohe Attraktivität der Liga schlägt sich auch in verbesserten TV-Verträgen nieder: Bis 2018 erhalten die Vereine in Summe rund 23 Millionen Euro jährlich. Dieser neue Deal ist fast doppelt so hoch dotiert wie der bisherige. Auch hier hat man die österreichische Bundesliga (20 Mio.) überflügelt. (Philip Bauer; derStandard.at; 18.4.2013)

Gegenüberstellung

Stadionanforderung Schweiz vs. Stadionanforderung Österreich

Zuschauerschnitt der Liga: 12.118

Höchster Zuschauerschnitt: 28.143 (FC Basel)

Niedrigster Zuschauerschnitt: 5.388 (FC Thun)

Mannschaften mit einem Schnitt über 10.000: 6

Lesen Sie im Folgenden die Details zu den Schweizer Stadien inklusive einer Einschätzung durch Mämä Sykora, Chefredakteur des Fußballmagazins "zwölf"...

Foto:

St. Jakob-Park (FC Basel)

Fassungsvermögen: 38.500

Zuschauerschnitt: 28.143

Eröffnet: 2001

Einschätzung: "Keine kritische Stimmen, alle sind extrem stolz auf das Stadion. Die ganze Stadt steht dahinter. Nur dank des Stadions konnte diese Erfolgsstory überhaupt beginnen."

Link: baselunited.ch

Foto: wiki/Blue-Letter

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Stade de Genève (Servette FC)

Fassungsvermögen: 31.428

Zuschauerschnitt: 7.095

Eröffnet: 2003

Einschätzung: "Ein Desaster. Genf braucht niemals so ein großes Stadion. Sie müssen Erster sein, ansonsten ist der Verein für die Stadt uninteressant. Aber Erster werden sie nicht ohne Publikum."

Link: stade.ch

Foto: APA/EPA/Rütschi

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Stade de Suisse (Young Boys Bern)

Fassungsvermögen: 31.120

Zuschauerschnitt: 17.564

Eröffnet: 2005

Einschätzung: "Das Stadion wird gut angenommen. Einige YB-Fans sind nostalgisch, wünschen sich das alte Wankdorf zurück. Aber der Widerstand ist gering."

Link: stadedesuisse.ch

Foto: APA/EPA/Rütschi

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Letzigrund (FC Zürich, Grasshopper Zürich)

Fassungsvermögen: 25.000

Zuschauerschnitt: 10.814 (FC), 8.646 (GZ)

Eröffnet: 2007

Einschätzung: "Das schlimmste aller Stadien, sehr ungeliebt. Es hat eine Laufbahn und das Catering ist eine Katastrophe. So kann man Fußball nicht anbieten."

Link: stadionletzigrund.ch

Foto: APA/AP/Bally

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Stade de Tourbillon (FC Sion)

Fassungsvermögen: 20.000

Zuschauerschnitt: 10.992

Eröffnet: 1968

Einschätzung: "Ein altes Stadion wie es früher einmal war, ein absoluter Hexenkessel, toll gelegen, eine Kultstätte. Die Walliser lieben ihr Stadion. Da wird es extreme Widerstände gegen einen Neubau geben."

Link: fc-sion.ch

Foto: Reuters/Balibouse

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AFG Arena (FC St. Gallen)

Fassungsvermögen: 19.694

Zuschauerschnitt: 14.119

Eröffnet: 2008

Einschätzung: "An der Stadtgrenze gelegen, da gehen die Meinungen auseinander. Manche mögen die Akustik nicht. Aber in St. Gallen sind die Menschen verrückt nach Fußball, die würden in jedes Stadion gehen."

Link: stadion-stgallen.ch

Foto: Reuters/Wiegmann

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Swissporarena (FC Luzern)

Fassungsvermögen: 17.000

Zuschauerschnitt: 12.461

Eröffnet: 2011

Einschätzung: "Gute Größe, gut besucht. Luzern hat immer viele Zuseher gehabt. Im Innenraum sieht es aus wie alle modernen Stadien, das gefällt nicht jedem."

Link: swissporarena.ch

Foto: Reuters/Amato

Stade Olympique de la Pontaise (FC Lausanne-Sport)

Fassungsvermögen: 15.000

Zuschauerschnitt: 5.792

Eröffnet: 1954

Einschätzung: "Ein furchtbares Stadion. Rückhalt in der Bevölkerung gleich null. Auch ein erster Platz würde nichts ändern. Als Lausanne das letzte Mal Pleite ging, wollten sie ein paar hundertausend Euro sammeln gehen. Sie haben es nicht geschafft. Starke Konkurrenz durch Eishockey."

Link: stades.ch

Foto: wiki/Sa-se

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Arena Thun (FC Thun)

Fassungsvermögen: 10.000

Zuschauerschnitt: 5.388

Eröffnet: 2011

Einschätzung: "Schmuckes Stadion. Am Anfang war die Euphorie groß, nun ist der Zuschauerschnitt gesunken. Man kann den Leuten nicht genug bieten, das Umfeld ist ungenügend. Es ist kein schöner Treff. Und YB ist einfach die Nummer 1 im Kanton."

Link: arenathun.ch

Foto: APA/EPA/Schneider