
Wollte Koch werden, durfte es nicht: Amel Demiri (20) scheiterte trotz eines willigen Lehrherrn im Februar 2012 am noch ausnahmslosen Lehre-Verbot für Asylwerber, wie der Standard berichtete.
Wien - Ob bei Bäckern oder Fußpflegern, in der Gleisbautechnik oder der Systemgastronomie: In diesen Branchen, sowie in etlichen Berufen darüber hinaus, herrscht laut dem Wiener Arbeitsmarktservice (AMS) akuter Lehrlingsmangel. Auch in anderen Bundesländern suchen viele Firmen dringend Auszubildende.
Also werde die neue Verordnung von Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) jungen Flüchtlingen ganz konkret Berufschancen eröffnen - und sie vom untätigen, belastenden Warten auf den Ausgang ihres Asylverfahrens befreien -, lobt Veronika Krainz von Lobby 16. "Die neue Regelung ist ein beachtlicher Fortschritt", sagt die Leiterin des Vereins, der jugendlichen Asylwerbern bei Bildung, Arbeit und im Alltag hilft.
Beschäftigungsbewilligungen bei nachgewiesenem Lehrlingsmangel
"Ab sofort können für Asylwerber/innen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, Beschäftigungsbewilligungen für alle Lehrberufe erteilt werden, in denen ein nachgewiesener Lehrlingsmangel besteht": So lautet der Kernsatz eines dem Standard vorliegenden Erlasses, den Hundstorfer am 18. März dem AMS zukommen ließ.
Beim AMS Wien und in anderen Arbeitsämtern wird er bereits angewendet, die ersten Vermittlungen von Lehrlingen unter 25 sind auf dem Weg: Ein weiterer Schritt auf einem Weg, den das Sozialministerium vergangenen Juni eingeschlagen hat.
Erster Erlass 2012
Ab damals durften Asylwerber bis 18 Jahren mit einer Lehre anfangen: Per Erlass vom 16. Juni 2012 hatte Hundstorfer sie vom Ausschluss von regulären Beschäftigungsverhältnissen ausgenommen, dem Schutzsuchende in Österreich unterliegen; mit Ausnahme von befristeter Saison- und Erntearbeit, für die laut einer Statistik aus dem Sozialministerium 2012 bundesweit genau 391 Bewilligungen erteilt worden sind.
Auf die Lehre-Liberalisierung bis 18 Jahre hatten sich nur vereinzelte Asylwerber gemeldet. Ganze 14 Ausbildungen sollen es österreichweit gewesen sein, die vermittelt werden konnten: "Weil Flüchtlinge, wenn sie mit 16, 17 Jahren nach Österreich gekommen sind, es bis 18 unmöglich schaffen können, ausreichend Schulbildung und Deutschkenntnisse zu erwerben, um Lehre-fit zu sein", erklärt dies Herbert Langthaler von der Asylkoordination.
Die Ausweitung der Altersgrenze nach oben sei daher "nötig und gut. Das bringt wirklich etwas", meint der Flüchtlingshelfer. Und auch die im Erlass dafür angeführte Begründung sei "inhaltlich beachtlich". Man wolle Asylwerbern bis 25 Jahren "eine Ausbildung ermöglichen, die später - auch bei negativem Verfahrensausgang - anderswo nutzbringend eingesetzt werden kann", heißt es da.
Mikl-Leitner dagegen
Keine Freude mit dem breiteren Lehrezugang für jungen Flücht linge hat man hingegen in dem für Asylangelegenheiten hauptzuständigen Innenministerium: "Wir lehnen das ab, ja, angesichts der Arbeitsmarktlage finden wir es bedenklich", sagt ein Sprecher von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Zwar sei es "Sozialminister Hundstorfers gutes Recht, so etwas zu entscheiden. Aber mit uns wurde das nicht koordiniert." Im Sozialministerium wird auch das bestätigt. (Irene Brickner, DER STANDARD, 12.4.2013)