Kaum Wahlplakate, kaum Auftritte von Politikern. Die Wahlbeteiligung wird wohl dementsprechend gering sein. Die Wahl der zwölf kroatischen EU-Parlamentarier kommenden Sonntag ist in der kroatischen Öffentlichkeit wenig präsent, die 366 Kandidaten sind wenig bekannt. Für Schlagzeilen sorgte im doch relativ konservativen Kroatien in jüngster Zeit lediglich, dass ein bekennender Schwuler, nämlich Damir Hrsak, bei der Wahl antritt - allerdings hat er wohl keine Chance, ins Parlament zu kommen. Spott löste ein Video der bisherigen Beobachterin im EU-Parlament, der Sozialdemokratin Ingrid Anticevic Marinovic, aus, die in offensichtlich schlechtem Englisch eine Rede (auf dem Manuskript stand "Pipl mast trast as") hielt. Sie wurde damit zum unfreiwilligen Youtube-Star.

Premier Zoran Milanovic versuchte sie anfänglich noch zu verteidigen, doch nun steht sie nicht auf der gemeinsamen Liste der Kandidaten der Regierungskoalition Kukuriku, die aus Sozialdemokraten (SDP), der liberalen Volkspartei (HNS) und der Pensionistenpartei (HSU) besteht. Die gemeinsame Liste liegt in Umfragen mit etwa 30 Prozent der Stimmen vorn. Spitzenkandidat der Sozialdemokraten ist der ehemalige Außenminister Tonino Picula, der unter der Racan-Regierung (2000-2003) auch daran beteiligt war, dass Kroatien EU-Kandidat wurde.

Die konservative oppositionelle Kroatische Demokratische Gemeinschaft (HDZ) tritt gemeinsam mit der Rechtspartei und dem Pensionistenblock an und könnte fünf Mandatare stellen. Auch der Arbeiterpartei werden Chancen auf einen Sitz im Europäischen Parlament zugerechnet. Während die HDZ damit wirbt, die kroatischen Herzegowiner - viele Verwandte sind im Krieg nach Kroatien geflüchtet - unterstützen zu wollen, geht es in der öffentlichen Debatte oftmals darum, wie viel Geld Kroatien nun aus Brüssel bekommen wird. In der EU-Kommission gibt es eine Aufstockung des Budgets um 1,03 Milliarden Euro (Verpflichtungsermächtigungen und Zahlungen).

EU-Fonds anzapfen

Das Land selbst wird einen Beitrag von 211,9 Mio. Euro zum EU-Budget 2013 leisten. Kroatien nutzte 2011 37 Prozent der Mittel aus dem Ipa-Fonds (Vorbeitrittshilfe). Es wird allerdings damit gerechnet, dass das Land besser auf die Nutzung der EU-Fonds vorbereitet ist als etwa Rumänien. Kroatien ist seit Jänner 2013 in eine adriatische und eine kontinentale statistische Region unterteilt - vorher waren es drei Regionen -, um die EU-Mittel effizienter anzapfen zu können.

Die Wahl der zwölf Abgeordneten wird in Kroatien mitunter auch deshalb wenig wichtig genommen, weil im Jahr 2014 die reguläre Wahl der Europa-Parlamentarier stattfinden wird und die Wahl also nur für ein Jahr relevant ist. Viele Kroaten hoffen, dass sie nach dem EU-Beitritt am 1. Juli im EU-Ausland studieren können. Denn ein Studium in Kroatien ist viel teurer als etwa in Österreich.

Manche hoffen auch, dass sie im EU-Ausland einen Job finden werden. Und viele wissen dabei nicht, dass es nach dem Beitritt wie auch bei den vorigen Erweiterungsrunden eine Übergangsperiode für die Arbeitnehmerfreizügigkeit geben wird, über die aber jedes EU-Mitgliedsland selbst entscheiden kann.

Kroatische Arbeitnehmer können demnach zwei Jahre, fünf Jahre oder sogar sieben Jahre lang von den EU-Arbeitsmärkten ("2+3+2") ausgeschlossen bleiben. Bisher war zumindest eine zweijährige Beschränkung üblich. Von den 27 EU-Staaten haben nur Deutschland und Dänemark den Beitritt noch nicht ratifiziert. (Adelheid Wölfl, DER STANDARD, 12.4.2013)