Wien - Die Serie von Wilhelm Böhm war am 29. Mai 2003, just bei der 20. Auflage des Vienna City Marathons, schwerstens gefährdet. "Ich hatte am 6. Mai einen schweren Bandscheibenvorfall", erzählt der Wiener Justizwachebeamte. "Aber ich wollte unbedingt laufen und habe mich ins Ziel geschleppt." 5:07 Stunden, zwei Stunden länger als im Jahr davor, hat er für die 42,195 Kilometer gebraucht. "Dass ich so dahingetrabt bin, ist aber nicht so aufgefallen, weil es so heiß war. Kein Läufer konnte damals an seine Spitzenzeit herankommen."

Zehn Jahre später ist der 57-Jährige immer noch Mitglied in jenem elitären Klub, der die Läufer vereint, die bisher alle Marathons in Wien erfolgreich einer Erledigung zuführen konnten. Zehn Athleten haben das geschafft, und alle wollen auch beim Jubiläumsmarathon das Ziel sehen - also zum 30. Mal. Vor zehn Jahren, als sich Böhm mit dem Bandscheibenvorfall und der Hitze plagte, waren es noch 25 Läufer.

2:34:28 Stunden

Am Sonntag hat Böhm eine Zeit um 4:15 Stunden im Visier. Die wäre nur um dreizehn Minuten langsamer als bei seiner Marathon-Premiere 1984. "Das war mein überhaupt erster Lauf, an dem ich teilgenommen habe", erzählt Böhm. "Davor habe ich überhaupt keinen Sport betrieben. Meine Freunde haben mich, als sie von meiner Teilnahme erfahren haben, als Spinner abgestempelt." Böhm musste sich damals fast ins Ziel beeilen: "Es gab noch eine Limit-Zeit von 4:15 Stunden, danach wurde sauber gemacht. Von der Qualität her waren damals viel bessere Läufer am Start, die auch Zeiten unter drei Stunden laufen konnten."

Böhms Bestzeit steht seit 1990 bei 2:34:28 Stunden, die Zahl kennt er aus dem Effeff. "Es war feucht, es gab leichten Nieselregen, die Temperatur war richtig angenehm. In diesem Jahr sind viele befreundete Hobbyläufer persönlichen Rekord gelaufen." Hätte er diese Zeit im Vorjahr in Wien erzielt, wäre er damit viertbester Österreicher geworden. Immer in Erinnerung bleiben wird ihm auch der 25. Wien-Marathon. "Ich hab nach dem Ziel meine Zeit per SMS bekommen: 4:00: 00 Stunden. Das bringt man nie zusammen, wenn man exakt diese Zeit laufen will."

Böhm und die Brücke

Das beeindruckende Startbild von zehntausenden Läufern auf der Reichsbrücke ist auch ein Verdienst Böhms. Der hat seinem Laufpartner, VCM-Veranstalter Wolfgang Konrad, beim Training im Jahr 2000 durch Laxenburg von seiner Idee erzählt. "Mir ist vorgekommen, dass der bisherige Start in Schönbrunn zu schmal ist. Ich hab dann die Strecke von der Reichsbrücke nach Schönbrunn nachgemessen - und die war genau so lang wie die damalige Startstrecke von Schönbrunn nach Hütteldorf und zurück."

Böhm, der seinen insgesamt 71. Marathon bestreitet, trainiert noch genau so viel wie vor 30 Jahren, etwa dreimal die Woche zwei Stunden. " Ich bringe jetzt aber nur mehr die Hälfte der Distanz zusammen", sagt er. Böhm ist jedenfalls froh, dass der lange Winter vorbei ist. "Ich habe so viel Gewand gebraucht wie noch nie." (David Krutzler, DER STANDARD 12.04.2013)