Bild nicht mehr verfügbar.

Das Wetter und alternative Energiequellen beeinflussen die Netzsicherheit in Österreich und Europa.

Foto: Daniel Reinhardt/dpa

In Österreich wird sich das Klima in den kommenden Jahren verändern und bestimmte Wetterextreme werden verstärkt auftreten. Darüber sind sich die meisten Experten einig. Dass diese Änderungen aber auch einen Einfluss auf die Sicherheit der Stromversorgung und Nutzung alternativer Energiequellen haben, ist weniger bekannt.

Laut Stefan Eisenbach vom Wetterdienst Ubimet geht aus verschiedenen Studien hervor, dass vor allem kleinräumige Überflutungen und Gewitter in Österreich zunehmen werden. Außerdem wird es künftig weniger, doch dafür vor allem feucht schneien - was zu Problemen bei Photovoltaikanlagen führen kann. Stürme wiederum sollten in Österreich nicht vermehrt vorkommen, allerdings nehmen die Windstärken im Norden Europas weiter zu.

Ökostrom hat Vorrang

Das hat insofern schon einmal Auswirkungen auf Österreich, als das nationale Stromnetz ein Teil des europäischen Netzes ist und ein ständiger Austausch am Kontinent stattfindet. Um die Netzfrequenz auf den vorgesehenen 50 Hertz zu halten, setzt Österreich auf einen Mix aus verschiedenen Energiegewinnungsmethoden: Erdgas- und Kohlekraftwerke speisen genauso ins Netz ein wie Wind-, Wasser- und Photovoltaikkraftwerke.

Dabei hat der Ökostrom per Gesetz immer Vorrang vor anderen Energiequellen, so Kurt Misak vom heimischen Übertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid. Liefern also Windräder Energie an das Stromnetz, dann müssen andere Kraftwerke ihre Leistung hinunterfahren, um das Netz nicht zu überlasten. Was ein Problem sein kann: Es ist nur schwer vorherzusagen, wann Windräder und Photovoltaikanlagen wie viel Energie produzieren können.

Unvorhergesehene Ereignisse

Die Austrian Power Grid erstellt täglich eine sogenannte Netzsicherheitsrechnung, um einschätzen zu können, woher der Strom kommt, damit die Versorgung des gesamten Landes gewährleistet ist. In diese Berechnungen fließen auch Wettervorhersagen für alternative Energiequellen mit ein. "Es kann aber auch passieren, dass ein zu starker Wind aufkommt oder ein prognostizierter Wind nicht eintrifft", so Misak.

Aufgrund dieser unvorhergesehenen Ereignisse kommt es zu Schwankungen im Netz, weil entweder zu viel oder zu wenig Strom produziert wird. "Es gilt die Formel, dass genau soviel produziert wird, wie auch verbraucht wird", sagt Misak.  Hinzu kommt, dass durch den Vorrang alternativer Energiequellen, diese jederzeit ins Netz eingespeist werden dürfen. Wenn deshalb ein anderes Kraftwerk die Leistung drosseln muss, gehört auch dieser Leerlauf abgegolten, da die Betreiber eine höhere Einspeisung eingeplant hatten. "Das heißt, der Verbraucher zahlt nicht nur den billigen Ökostrom, sondern auch die heruntergefahrenen Kraftwerke", so Misak.

Teure Frequenzanpassung

Vor allem in den vergangenen Jahren würden sich immer öfter Abweichungen von den optimalen 50 Hertz im Stromnetz ablesen lassen. Das ist laut Misak ein Hinweis, dass Windkraft verstärkt eingespeist wird oder ausfällt. Durch die alternativen Energiequellen komme es zu immer schnelleren Frequenzänderungen, die durch träge Kraftwerke wieder ausgeglichen werden müssten. "Notmaßnahmen, um Überlastungen zu vermeiden, kosten jedes Mal viel Geld. In einem der vergangenen Fälle waren das 700.000 Euro, die dann auf den Konsumenten abgewälzt werden", sagt Misak.

Zu viel Wind, kein Strom

Windräder produzieren erst ab einer Windgeschwindigkeit von rund 10 km/h Strom und nehmen sich selbst ab einer Geschwindigkeit von 100 km/h vom Netz. Ein ähnlicher Unsicherheitsfaktor sind Photovoltaikanlagen. Diese trennen sich ab einer Frequenzabweichung von 0,2 Hertz vom Stromnetz ab. Das passiert, wenn entweder zu viel oder zu wenig Strom in das Netz eingespeist wird und der Frequenzwert auf über 50,2 oder unter 49,8 Hertz fällt.

Bei dichter Wolkendecke produzieren Photovoltaikanlagen zudem ebenfalls keinen Strom. Ebenso kann feuchter Schneefall die Anlagen abdecken und für einen Ausfall sorgen. Für Misak ist deshalb die Energiewende in Deutschland, die auf mehr Ökostrom setzt, eine Gefahr für die Netzsicherheit, da die Infrastruktur den neuen Strommengen nicht gewachsen sei.

Gefahr durch deutschen Windpark

Prinzipiell ist das europäische Stromnetz darauf ausgelegt, dass es einen Ausfall von drei Gigawatt europaweit verkraftet. Die europäischen Staaten müssen in solch einem Fall aufgrund ihrer Größe anteilig für den Ausfall einspringen. Österreich etwa haftet mit 70 Megawatt. Kurt Misak gibt zu bedenken, dass alleine Deutschlands Windräder eine Einspeisungsleistung von 31 Gigawatt besitzen. Sollte es im Nachbarland zu einem schweren Sturm kommen, dann könnte das gesamte europäische Netz in Gefahr geraten.

Durch den Klimawandel und die alternativen Energiequellen würde zudem das Risiko steigen, dass es zu Stromausfällen und sogar zu Blackouts kommt. Das bedeutet, dass ein  Großteil des Versorgungsgebietes nicht mehr mit Strom versorgt werden kann.

Wetterbedingte Ausfälle in Wien selten

Der letzte Großstörungsfall in Österreich liegt allerdings bereits 37 Jahre zurück. Am 13. April 1976 fiel die Versorgung in weiten Teilen des Landes nach einem Waldbrand und einer Explosion in einem Umspannwerk in Deutschland aus. Kürzlich durchgeführte Simulationen zeigen, dass es rund zehn Stunden dauern würde, um nach solch einem Ausfall den Großteil des Landes wieder mit Strom zu beliefern.

Der Stromanbieter Wien Energie spricht bereits ab einem Ausfall von rund der Hälfte der Stadt von einem Blackout. Laut Pressesprecher Christian Neubauer würde das Unternehmen rund vier Stunden brauchen, um schlussendlich die Stadt wieder mit Strom zu versorgen. Wetterbedingte Ausfälle seien in der Hauptstadt allerdings eher selten: "Meistens graben Bagger Kabel aus, wie das immer wieder auf der Großbaustelle am Wiener Hauptbahnhof passiert ist", sagt Neubauer. (Bianca Blei, derStandard.at, 17.4.2013)