In der Europäischen Volkspartei (EVP) hat man die ungarische Mitgliedspartei Fidesz (Bund Junger Demokraten) Medienberichten zufolge zunehmend satt. Bei einem vertraulichen Abendessen im mondänen Klub der Festung Revelin bei Dubrovnik tauschten sich am vergangenen Donnerstag die Spitzen der EVP-Fraktion im Europaparlament, angeführt von Fraktionschef Joseph Daul, und die gleichfalls konservative EU-Justizkommissarin Viviane Reding über die jüngsten Verfassungsänderungen in Ungarn aus. Die Novelle festigt die Macht von Premier Viktor Orbán weiter auf Kosten von Justiz und Rechtsstaatlichkeit. Sollte Orbán innerhalb einer Woche keinen Rückzieher machen, werde man "Fidesz aus der EVP hinauskomplimentieren", soll bei dem Dinner vereinbart worden sein. So stellte es zumindest die ungarischsprachige Tageszeitung Új Magyar Szó aus Siebenbürgen dar, die einen Reporter vor Ort hatte, der dies von einem Teilnehmer des Essens erfahren haben will.
Das Blatt steht der im rumänischen Parlament vertretenen ungarischen Volksgruppenpartei UDMR/RMDSZ nahe, die mit Orbán über Kreuz liegt. Seine Quellen gelten jedoch als seriös. Die Nachricht, dass die EVP-Fraktionsführung in Dubrovnik über einen Fidesz-Ausschluss beraten habe, wurde von einem EVP-Sprecher umgehend dementiert.
Doch am Montag legte der Brüsseler Korrespondent von Új Magyar Szó noch nach: Die Aussprache mit Reding sei von Daul selbst initiiert worden. Ihn hätten nämlich Informationen erreicht, dass die Orbán-Partei ihrerseits schon Fühler zur euroskeptischen Fraktion Europäische Konservative und Reformisten (ECR) ausgestreckt habe. Diese umfasst die britischen Tories, aber auch die – mit Fidesz eng verbündete – polnische PiS (Recht und Gerechtigkeit) des rechtsnationalen Expremiers Jaroslaw Kaczynski.
Jedenfalls ist Orbán am bei der EVP-Fraktion in Straßburg zu Gast. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hatte bereits am Freitag ein mögliches Vertragsverletzungsverfahren wegen der Verfassungsänderungen angekündigt. (Gregor Mayer aus Budapest /DER STANDARD, 16.4.2013)