Im Fall von Stefan Gotschacher fackelten die Wiener Blauen nicht lange. Kaum war der Artikel im Falter erschienen, war der FPÖ-Pressesprecher seinen Job los. Wie die Stadtzeitung dokumentierte, hatte er auf seiner Facebook-Seite Lieder der Waffen-SS zitiert. "Das ist kein Kavaliersdelikt, über das ich hinwegsehe", sagte Landesparteisekretär Hans-Jörg Jenewein. Die eindeutige Distanzierung von braunen Ausrutschern in den eigenen Reihen ist für Straches Truppe untypisch.

Über Barbara Rosenkranz' Ansichten zum Thema NS-Verbotsgesetz bei der Bundespräsidentenwahl sah die Parteispitze ebenso hinweg wie über Karl Schnells aktuelle Warnungen vor einer "Umvolkung" im Salzburg-Wahlkampf. Einen Pressesprecher wird man allerdings leichter los als Spitzenkandidaten für anstehende Wahlen. Dass die Hauptstadt-Blauen ob Gotschachers einschlägiger Freizeitaktivitäten so geschockt waren, wie sie sich gaben, darf bezweifelt werden. Denn Straches Platzhalter im Wiener Rathaus bilden eine stramm-rechte Truppe. Fast die Hälfte der blauen Gemeinderäte ist bei einer schlagenden Burschenschaft.

Auch Parteisekretär Jenewein unternimmt regelmäßig Ausflüge an den äußersten rechten Rand. So hielt er kürzlich beim "Schulverein zur Förderung der Rußlanddeutschen in Ostpreußen" in Sachsen eine Rede über freiheitliche Perspektiven im Superwahljahr. Organisiert wurde der Event von der deutschen Verlagsgruppe Lesen & Schenken. Auf deren Homepage werden Druckwerke mit Titeln wie Die Ritterkreuzorden der Waffen-SS. Ein Ehrenbuch der Tapferen oder Der Dachauer Blutsonntag. Das Massaker an den Wachmännern angeboten. Der Chef des Verlages, Dietmar Munier, wird vom Verfassungsschutz beobachtet.

Gemäßigte Töne nach außen hin

Nach außen hin schlägt die Wiener FPÖ gemäßigtere Töne an. Klubchef Johann Gudenus, wie Strache Mitglied der Burschenschaft Vandalia, hat sich den Budensprech fast abgewöhnt. Hin und wieder geht es aber mit ihm durch. So meinte er zur Wiener SPÖ: "Diese Volksverräter gehören in die Wüste geschickt, am besten in eine türkische."

Auch in Linz wur-de ein FPÖ-Funktionär wieder von seiner braunen Vergangenheit eingeholt. Der Kurier stellte am Dienstag ein Video online, das den FPÖ-Klubchef Sebastian Ortner bei Wehrsportübungen der Vapo (Volkstreue außerparlamentarische Opposition) des Neonazis Gottfried Küssel zeigt. Trainiert wird in einem Wald bei Langenlois, und zwar wie man Menschen lautlos mit Hals- und Kehlkopfschnitten oder Nierenstichen tötet. Ortner gibt darin auch ein Interview, in dem er Ziele der Vapo erläutert.

Die Aufnahmen sollen 1988 entstanden sein, eine genaue Datierung war bisher allerdings nicht möglich. Wie der Standard berichtete, war Ortner einige Jahre bei Küssel im engeren Kreis aktiv, obwohle er selbst von " einigen Wochenenden" spricht. Damals hieß Ortner Mühlegger, den Geburtsnamen gab er später auf - "aus familiären Gründen".

Zum Video meint der 1970 geborene Politiker, er sei damals 18 gewesen und habe im selben Jahr mit seiner Übersiedelung von einem Internat in Salzburg nach Linz mit der Szene gebrochen. Seit damals habe er einen " sukzessiven Wandel und eine Willensbildung durchlaufen". Dem Standard liegen Vapo-Mitgliederlisten vor, auf denen Küssel Ortner allerdings auch noch mit seiner Linzer Adresse führte. Zudem ist Ortner noch 1995 beim rechtsextremen Kulturverein "Dichterstein Offenhausen" als Referent aufgetreten. Mit diesem Auftritt konfrontiert, kann sich Ortner wieder erinnern. Der Verein wurde 1999 verboten. Wann genau Ortner FPÖ-Parteimitglied wurde, wisse er nicht mehr.

SPÖ, Grüne und das Mauthausen-Komitee Österreich fordern nun Ortners Rücktritt. Der oberösterreichische FPÖ-Landesparteichef Manfred Haimbuchner verteidigte am Mittwoch Ortner und verlangte eine "Chance auf Resozialisierung" für den 43-Jährigen.

Nach der Anzeige des Polizisten und Datenforensikers Uwe Sailer gegen Ortner wegen NS-Wiederbetätigung ermittelt nun auch die Justiz. Sailer sagt, er habe Beweise für "braune Kontakte Ortners bis herauf in die Gegenwart". (Colette M. Schmidt, Martina Stemmer, DER STANDARD, 18.4.2013)