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Afghanistan ist der weltgrößte Opiumproduzent, die Anbauflächen nehmen weiter zu.

ap/Julie Jacobson

Zwölf Jahre nach dem Sturz der Taliban steuert Afghanistan auf ein Rekordjahr beim Opiumanbau zu. Zum dritten Mal in Folge. Auf den Mohnfeldern des Landes wird seit Jahren so viel des Heroin-Rohstoffes gewonnen, dass damit heute 90 Prozent des Bedarfs auf der ganzen Welt bedient werden. 5.800 Tonnen waren es im Jahr 2011, geht aus dem kürzlich veröffentlichten Bericht des UNO-Büros für Drogen und Verbrechen (UNODC) hervor.

2012 wurde Opium im Wert von 2,4 Milliarden Dollar exportiert. Dies entspricht einem Anteil von 15 Prozent der Wirtschaftsleistung Afghanistans. Etwa die Hälfte der Einnahmen aus dem Opium-Anbau wandert in die Taschen von Schmugglern oder korrupten Beamten. Das ganz große Geld wird aber in China, Europa, Russland oder in den USA gemacht. Hier ist das zum Heroin veredelte Rohopium mehr als dreimal so viel wert wie Gold.

Rückgang an Subventionen

Afghanistan ist ein Gebirgsland. 80 Prozent der Bevölkerung leben auf dem Land, nur 20 Prozent in den Städten. Und obwohl nur etwa sechs Prozent der Staatsfläche landwirtschaftlich nutzbar sind und diese Nutzung meist von künstlicher Bewässerung abhängt, sind knapp mehr als zwei Drittel der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig. Der Mangel an Wasser kommt dem Schlafmohn zugute. Verglichen mit Weizen kommt dieser nämlich bereits mit spärlicher Bewässerung aus.

Zwar ist der Anbau von Opium vor einigen Jahren zurückgegangen. 2007 waren es laut UNO noch 8.200 Tonnen, doch stieg dieser in den vergangenen Jahren wieder an. Der UNODC-Bericht nennt zwei Hauptfaktoren: Subventionen für herkömmliche Landwirtschaft wurden zurückgeschraubt, während der Preis für Mohn wieder stieg. So gab eine überwältigende Mehrheit der Opium-Bauern an, wegen der lukrativen Einnahmen den illegalen Anbau zu betreiben, zehn Prozent machten den Wegfall staatlicher Unterstützungen dafür verantwortlich, für neun Prozent sei es ein Weg aus der Armut. Doch es gibt auch Gegenstimmen. 46 Prozent derer, die dem Opiumanbau abschwörten, täten dies aus Furcht vor einer möglichen Vernichtung der Felder, 13 Prozent sähen im Mohnanbau eine islamfeindliche Haltung - im Islam sind sämtliche Trunkenheit und Rausch verursachende Drogen verboten.

Terror und andere Gifte

Dennoch fürchtet die UNO auch für heuer eine Zunahme der Anbauflächen für Opium. Von den 34 Provinzen Afghanistans galten 2010 noch 20 als opiumfrei. 2011 waren es nur noch 17. Für 2013 rechnet UNODC damit, dass die Zahl auf 14 zurückgehen wird. Denn die steigenden Abnehmerpreise sind vor allem für die Bewohner der ärmlichen und wenig sicheren Regionen interessant. Seit dem Jahr 2010, als Pflanzen-Krankheiten einen Großteil der Ernte vernichteten, wirft Opium für den Bauern gute Erträge ab: in der Spitze 300 Dollar je Kilogramm, heute immer noch 100 Dollar. Verglichen mit dem Weizenpreis (0,41 Dollar) oder dem von Reis (1,25 Dollar) immer noch mehr als lukrativ.

Lukrativ ist das Geschäft auch für die radikalislamischen Taliban. Zwar setzten sie im Jahr 2001 ein Anbauverbot für Opium durch, der Handel mit Opium aus Lagerbeständen blieb allerdings aufrecht. Mittlerweile gehört der Opium-Anbau zu den wichtigsten Geldquellen für die Kriegsführung der Taliban. Sie verdienen an Anbau, Schmuggel und Besteuerung der Ernte. 2010 bauten die Bauern auf 130.000 Hektar Schlafmohn an, 2011 waren es 131.000 Hektar, 2012 bereits 154.000 Hektar. Für heuer gibt es noch keine Schätzung. Die UNO geht aber davon aus, dass die Opium-Anbaufläche in dem 652.230 Quadratkilometer großen Land weiter zunehmen wird. Sie kommt zu dem ernüchternden Schluss, dass staatliche Initiativen zur Vernichtung der Ernte in Zukunft weiterhin nicht fruchten würden. Ohne der Zusage, die Bevölkerung auf dem Gesundheits- und Ausbildungssektor zu unterstützen, ohne steigende Subventionen in der Landwirtschaft, würden sich immer Taliban oder Gruppen von Rebellen finden, die die Bauern zum Anbau des Schlafmohns ermutigten. Und bei einer geschätzten Arbeitslosigkeit von etwa 40 Prozent wird es schwierig, den Weg aus der Drogenökonomie zu finden. (ch, derStandard.at, 19.4.2013)