Was sich aus einem trostlosen Studentenheim der 1970er alles machen lässt.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Das Restaurant des Budget-Designhotels 25 Hours in Wien-Neubau.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Es ist nämlich so: Ein Pizzamesser, dem die Worte "Fuck it. Eat Pizza" eingefräst sind, weist auf idiotensichere Art darauf hin, dass das Restaurantkonzept von Deutschen ersonnen wurde. Auf diese Form bemüht lässiger, schmähfreier Zoten-Hipness halten unsere sonst so tollen Nachbarn nämlich ein Monopol - wie sonst nur auf die Produktion von dicken Autos für Breitbecken-Träger.

Umso erstaunlicher, dass das neue Restaurant des Hotels 25 Hours eigentlich nett geworden ist. Wie sich das frühere Studentenheim am Beginn der Lerchenfelder Straße, lange ein 1970er-Relikt von bleierner Trostlosigkeit, überhaupt auf beachtliche Weise zu einer Art Budget-Boutiquehotel gewandelt hat. Die Café-Bar auf dem Dach mit ihrer unpackbar guten Aussicht auf die Skyline der Innenstadt ist ja schon länger offen, das betont industriell gestaltete Restaurant gibt es seit vergangener Woche.

Nach Art der süditalienischen Amerika-Auswanderer

Einstweilen gehört der langgestreckte Raum mit lackiertem Estrich, Lampen im Werkstatt-Stil und Stühlen, die aus der "Shabby Chic"-Sektion des Gastro-Katalogs bestellt worden sein dürften, noch Hotelgästen, die sich hier ins WLAN saugen. Das Essen ist aber durchaus angetan, hausfremde Gäste anzulocken.

Okay, auch auf der Speisekarte muss man sich noch mit minder belichteten Anglo-Manierismen bei den Speisenerklärungen herumschlagen ("Fuck it. Europapremiere. Gegessen bei Milo & Olive in Santa Monica"). Dafür bietet die Küche ansprechende Kost nach Art der süditalienischen Amerika-Auswanderer sowie allerhand Salate der gut zusammengestellten Art.

Sugo macht auch gestandene Südstiefler froh

Frischen Jungspinat mit gebratenen roten Zwiebeln, Orangenfilets und knusprig gegrillten Pilzen etwa, der mittels eines köstlichen Zitronen-Tamari-Rosmarin-Dressings aufgezwirbelt wird. Aber auch die Pasta ist deutlich über dem, was man an so einem Ort erwarten würde. Zwar wird die Pasta corta auf der deutschen Seite von al dente gekocht, dafür macht der Sugo aus geschmolzenen Melanzane, gereiftem Ricotta, kaum süßen Rosinen, Pignoli und einem Hauch frischer Minze auch gestandene Südstiefler froh.

Die Pizza hingegen wird in ihrer dezidiert knusprigen Ausformung den Ansprüchen von Traditionalisten eher nicht genügen - in der Variante mit gegrillter Jungzwiebel und schmierig geiler Burrata (Bild links) schmeckt sie dessen ungeachtet sehr befriedigend.

Ziemlich toll ist schließlich die Weinkarte mit ein paar ordentlich zusammengestellten Einheimischen, vor allem aber mit richtig guten Italienern - und zwar von Jermann im Norden bis zu Feudi San Gregorio weit im Süden. Dass zum Digestif auch der Mechitarinen-Likör vom benachbarten Kloster angeboten wird, darf als Beispiel für die hier gepflegte Umsicht und Liebe zum Detail stehen. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 19.4.2013)