Während die Anzahl erzielter Treffer nach dem Trainerwechsel nahezu konstant blieb, kassierte der KAC unter Christer Olsson um mehr als ein Viertel weniger Gegentore als unter seinem Vorgänger.

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René Swette bekam in seiner fünften Saison beim KAC erstmals das Vertrauen in den Play-Offs. Er rechtfertigte es mit einer herausragenden GAA von nur 1,47.

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Als für die Defensive zuständiger Co-Trainer hatte Dieter Kalt wesentlichen Anteil am Titel für den KAC. Auf eine Fortsetzung der Zusammenarbeit konnte er sich mit dem Verein jedoch nicht einigen.

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In eindrucksvoller Manier hat sich der KAC am Ende der abgelaufenen Saison den 30.Titel seiner Klubgeschichte gesichert und damit seine Position als österreichischer Rekordmeister weiter ausgebaut. Nach vier gewonnenen Endspielen, gleichbedeutend mit dem ersten Sweep in einem Finale seit 1993, dem insgesamt erst sechsten in der nationalen Eishockeyhistorie, standen die Rotjacken dort, wo sie ihrem Selbstverständnis nach hingehören, wo sie nach dieser Saison aber nur die wenigsten verortet hätten: An der Spitze der Erste Bank Eishockey Liga.

Der KAC limitierte die Capitals

Dass es im Jahr 2013 nach zwei verlorenen Finals in den beiden letzten Spielzeiten wieder Meisterjubel in der Kärntner Landeshauptstadt gab, hat viele Gründe, die im Folgenden analysiert werden sollen. Mitentscheidend für den letztlich eindeutigen Ausgang der Finalserie war aber sicher, dass die über weite Strecken der Saison dominierenden Vienna Capitals in den vier Endspielen nie auch nur annähernd an ihren Leistungszenit herankamen. Klagenfurts Stärken kamen im Finale gerade durch Wiens Schwächen besonders gut zur Geltung, schmälern soll dies den KAC-Triumph jedoch in keinster Weise. Denn es waren die Rotjacken am Eis und auf der Trainerbank, die das Samuelsson-Team in seinen spielerischen Entfaltungsmöglichkeiten so radikal beschnitten und einschränkten.

Defensive gewinnt Meisterschaften

Trotz des sehr wechselhaften Saisonverlaufs für den Rekordmeister, der um Zeitpunkt des Trainerwechsels im Dezember noch auf Rang acht lag und um die Play-Off-Qualifikation zittern musste, war es letztlich keine große Überraschung, dass sich im Finale Wien und Klagenfurt gegenüberstanden. Einmal mehr stellte sich der Wahrheitsgehalt der althergebrachten Eishockey-Weisheit "Offensive gewinnt Spiele, Defensive gewinnt Meisterschaften" unter Beweis. Wie der ligaweite Vergleich an pro Spiel erzielten Treffern (grün) und kassierten Gegentoren (rot) zeigt, waren die Capitals und der KAC vom Output im Angriff her nur EBEL-Durchschnitt, überzeugten aber speziell in der Abwehr (Anm.: Grafik zeigt Daten des gesamten Saisonverlaufs bis zum Beginn der Finalserie).

Eine Stabilisierung der Defensive erreichten die Rotjacken jedoch erst ab dem Trainerwechsel Ende Dezember, als der zum Head Coach aufgestiegene Christer Olsson und vor allem der neu eingesetzte und für die Abwehr verantwortliche Co-Trainer Dieter Kalt dem Team eine neue Defensivstrategie vermittelten. Während die Anzahl der erzielten Treffer pro Spiel nach der Veränderung im Betreuerstab weitestgehend stabil blieb, sank der Gegentorschnitt gleich um mehr als ein Viertel (siehe Grafik links).

Bewährte Spieler, neue Rollen

Die geglückte Festigung des Abwehrbollwerks war im Verlauf der Play-Offs der Schlüssel zum Klagenfurter Erfolg. Auffällig ist, dass der KAC in diesem Mannschaftsteil bei seinen drei Endspiel-Teilnahmen der Jahre 2011 bis 2013 personell fast unverändert blieb: Von den sechs standardmäßigen Verteidigerpositionen waren in jeder Finalserie fünf mit den gleichen Spielern besetzt, nur der sechste wechselte (2011 Brown, 2012 Hundertpfund, 2013 Iberer). Christer Olsson und Dieter Kalt haben also weitestgehend bewährtes Personal strategisch neu ausgerichtet.

Bestes Beispiel dafür war die im Halbfinale erfolgte Trennung des Duos Johannes Reichel/Johannes Kirisits, die beim Serienstand von 2:2 und nachdem sie bei sieben der elf Semifinal-Gegentreffer gemeinsam am Eis gestanden waren, neuen Abwehrpartnern zugewiesen wurden. Der KAC verlor danach kein Saisonspiel mehr.

Torhüterwechsel

Abgerundet wurde die Neuausrichtung der Defensive durch den Wechsel des Nummer eins-Torhüters: Christer Olsson schien von Beginn an eher auf René Swette denn auf den in seiner Karriere vor allem in Play-Offs oft wackeligen Andy Chiodo zu setzen. Als der Kanadier im zweiten Viertelfinalspiel in Graz ausgewechselt wurde, hatte er damit seine letzte Partie im KAC-Trikot bestritten: Mit einem beeindruckenden Gegentorschnitt (GAA) von 1,47 in 14 Play-Off-Einsätzen, dem klaren Bestwert aller Meistergoalies seit der Liganeugründung im Jahr 2000, hatte René Swette großen Anteil am KAC-Triumph. Der 24jährige rechtfertigte das vom Trainer in ihn gesetzte Vertrauen eindrucksvoll: In 25 Saisonspielen unter Olsson feierte Swette 20 Siege und musste nur vier Niederlagen hinnehmen, was einer enorm hohen Erfolgsquote von 80 Prozent entspricht.

Defense first

Klagenfurts zum Erfolg führendes Defensivkonzept inkludierte unter Olsson/Kalt auch die Angriffslinien. Wie gut die Stürmer speziell in der Finalserie nach hinten arbeiteten, dokumentiert der Umstand, dass der KAC in sämtlichen vier Endspielen kein einziges Gegentor kassierte, während drei der vier Offensivformationen am Eis waren. Die Capitals trafen ausschließlich gegen den zweiten Block der Rotjacken mit Raphael Herburger (#89), Tyler Spurgeon (#9) und Tyler Scofield (#10), der seine defensive Durchlässigkeit jedoch kompensierte, indem er vorne die meisten Treffer erzielte. Folgende Grafik zeigt eine Gegenüberstellung erzielter und kassierter Tore der vier Sturmlinien unabhängig von der Spielsituation (Even Strength, Unter- bzw. Überzahl).

Symptomatisch für die erhebliche Verbesserung im Defensivverhalten des KAC-Angriffs im Vergleich zu den beiden verlorenen Finalserien der Jahre 2011 und 2012 steht Drittlinien-Center David Schuller. Nachdem er zuvor 17 Endspiele in Serie ohne positive Plus/Minus-Bilanz beendete und in den beiden jüngsten Finalserien jeweils auf ein Rating von -9 kam, blieb er 2013 in allen vier Partien mindestens ausgeglichen. Ein Wert, der angesichts der bescheidenen offensiven Gefahr, die von seinem Block mit Tomislav Zanoški und Manuel Geier ausging (Anm.: das Trio zeichnete nur für 13 Prozent der von KAC-Stürmern in der Finalserie abgegebenen Torschüsse verantwortlich), umso höher einzuschätzen ist.

Defensiv, nicht destruktiv

Am Ende der kürzesten Finalserie seit 2003 feierte Klagenfurt seinen 30.Meistertitel in der nationalen Eishockeyhistorie, streng vereinsrechtlich betrachtet war es der fünfte für den EC-KAC. Über weite Strecken der Saison 2012/13 hatte es nicht danach ausgesehen, als könnten die Rotjacken in dieser Spielzeit derart erfolgreich sein. Letztlich war der Titel Produkt einer taktischen Neuausrichtung des Teams in seinem Defensivverhalten, das zudem ideal auf den Finalgegner aus Wien abgestimmt war. Klagenfurt agierte im eigenen Drittel beweglich und flexibel, die Capitals brachten kaum Checks an, verzweifelten an diesem Umstand zusehends und kassierten schließlich in Kontern die entscheidenden Gegentore.

Der KAC spielte in der Finalserie defensiv, war dabei jedoch nie destruktiv. Dem Erfolg bringenden Konzept unterwarf sich auch die Einserlinie mit Thomas Koch, John Lammers und Jamie Lundmark, die sich im vorherigen Saisonverlauf als die wohl beste und gefährlichste Offensivreihe der gesamten EBEL präsentiert hatte.

Am Ende basierte Klagenfurts Titelgewinn auf der starken Defensivleistung des gesamten Teams, die eishockeyphilosophischen Grundlagen dafür prägte der für die Abwehr zuständige Co-Trainer Dieter Kalt ganz entscheidend mit. Dass sich der KAC mit ihm - begleitet von den beim Rekordmeister schon fast obligatorischen personellen Grabenkämpfen im Hintergrund - nicht auf eine weitere Zusammenarbeit einigen konnte, wird mittel- und langfristig negative Auswirkungen auf den Klub haben, sowohl im Bereich der Kampfmannschaft als auch in der Jugendabteilung, deren Leitung er anstrebte. Das Output der ehemaligen Nachwuchsschmiede war in den vergangenen Jahren für KAC-Verhältnisse mehr als bescheiden, einem mit allen Eishockey-Wassern gewaschenen Dieter Kalt wäre es zuzutrauen gewesen, dies zu ändern. (Hannes Biedermann; derStandard.at; 22.April 2013)