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Wien - Der Finanzsektor ist und bleibt ein Klotz am Bein der EU-Staaten. Müsste die öffentliche Hand nicht Milliarden zu dessen Stabilisierung aufwenden, wäre die Budgetkonsolidierung schon deutlich weiter fortgeschritten. Das geht aus einer neuen Auswertung des EU-Statistikamtes Eurostat hervor, die am Montag veröffentlicht wurde.

Konkret: Die 17 Staaten der Eurozone hätten im Vorjahr ohne die Kosten für die Bankenhilfen nur eine Neuverschuldung von 3,1 Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP) aufgewiesen. Das wäre nur geringfügig über der Maastricht-Grenze von drei Prozent gewesen. In der EU-27 wäre das Defizit ohne die Belastungen durch den Finanzsektor bei 3,6 Prozent gelegen. Hättiwari findet aber bekanntlich bei Eurostat keine Berücksichtigung und daher lagen die tatsächlichen Defizitzahlen bei 3,7 Prozent (Eurozone) bzw. 4,0 Prozent (EU gesamt).

Die erstmals durchgeführte Detailauswertung über die Bankenpakete zeigt allerdings auch ein differenziertes Bild. In einigen Staaten - etwa Italien, Schweden und Ungarn (siehe Grafik) - waren die Einnahmen höher als die Ausgaben. Wie das möglich ist? Für Kapitalspritzen müssen Zinsen bzw. Dividenden bezahlt werden. Werden diese pünktlich bezahlt und stellen sich die Hilfszahlungen nicht als uneinbringlich heraus, bleibt ein Plus übrig.

Schuldenstand aller EU-Staaten um 5 Prozent gestiegen

Europaweit waren die Rettungsmaßnahmen aber natürlich ein deutliches Verlustgeschäft. Der Schuldenstand aller EU-Staaten hat sich aus diesem Titel seit 2007 um 5,2 Prozent des BIPs oder 670 Milliarden Euro erhöht. In der Eurozone waren es immerhin 522 Milliarden Euro. Oder für Freunde der plastischen Vergleiche: Auf jeden EU-Bürger kamen wegen der Banken seit 2007 rund 1330 Euro an neuen Schulden.

Nicht jede Maßnahme, die den Schuldenstand der Staaten erhöht, wird freilich auch in die jährlichen Defizitzahlen eingerechnet (siehe kleine Grafik). Bekommt eine Bank beispielsweise einen direkten Kapitalzuschuss, erhöht dieser die Schulden, nicht aber das Defizit. Defizitwirksam wird er erst, wenn das Kapital verloren ist.

Die Eurostat-Analyse zeigt auch: Nach dem Jahr 2010 hat 2012 die zweithöchsten Kosten verursacht. Am stärksten belastet (vier Prozentpunkte) wurde das griechische Budget durch Bankenhilfen. Von einem ausgeglichenen Haushalt wäre Griechenland freilich auch ohne den Bankensektor noch weit entfernt. Das Defizit lag bei zehn Prozent, womit man sogar leicht schlechter abschnitt als im Jahr davor.

In Spanien fiel das Defizit wegen des Finanzsektors um 3,6 Prozent höher aus. Unterm Strich kamen die Spanier bei einem Minus von 10,6 Prozent zu liegen. Wie berichtet musste das Land im Vorjahr Hilfe vom Rettungsschirm ESM beantragen.

Die dritthöchsten Kosten (gemessen am BIP) hat der Bankensektor 2012 dann schon in Österreich verursacht. Die Hilfen für Kärntner Hypo, Volksbanken AG und die Kommunalkredit schlugen mit 2,5 Milliarden oder 0,8 Prozent des BIPs zu Buche.

Noch ohne Zypern-Rettung

Die Zypern-Rettung fand in der Auswertung von Eurostat noch keine Berücksichtigung. Zwar haben die Verhandlungen schon im Vorjahr begonnen, die Kosten werden sich aber erst im Budget 2013 widerspiegeln. Dann werden die Zyprioten wohl auch einen neuen Negativwert aufstellen. Die bisher höchsten Kosten hat die irische Bankenrettung verursacht (26 Prozent des BIPs).

Der kleine Inselstaat Zypern mit einem Bruttoinlandsprodukt von aktuell knapp 18 Milliarden Euro hat mit EU, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank ein Rettungspaket im Ausmaß von 23 Milliarden Euro geschnürt (13 davon sind zypriotische Eigenleistung). Ein beträchtlicher Teil wird für den Finanzsektor gebraucht. (Günther Oswald, DER STANDARD, 23.4.2013)