Mehr Evolution denn Revolution: Samsungs Galaxy S4.

Foto: Samsung

Das Galaxy S4, Samsungs neues Android-Flagschiff, steht auf mehreren Märkten kurz vor dem Handelsstart. Pünktlich dazu trudeln nun auch die ersten Testberichte zum High-End-Smartphone ein.

Design: Samsung bleibt sich treu

Rein äußerlich bietet das Gerät wenig Neues, Samsung bleibt seiner Designsprache treu. Obwohl die Bildschirmdiagonale des Gerätes im Vergleich zum Vorgänger etwas angewachsen ist, sind die Maße mit 136,6 x 69,8 x 7,9 Millimeter fast ident. Dank des deutlich dünneren Displayrahmen ist das Gerät sogar geringfügig schmäler als das S3.

Auf den ersten Blick sind alt und neu nur schwer zu unterscheiden. Obwohl auch das S4 ein Premiumphone ist, bemängeln einige Rezensenten die billig wirkende Verarbeitung in einem Kunststoffgehäuse.

Kraftprotz

Komplizierter wird es beim Innenleben. Hier baut Samsung auf aktuellste Hardware und liefert das Telefon in zwei Varianten aus. Eine verfügt über einen selbst entwickelten Exynos-5-Chip, dessen CPU mit vier "großen" und vier "kleinen" Kernen (ARM big.LITTLE) operiert, die andere setzt auf Qualcomms Snapdragon 600, einen reinen "Vierkerner". Letztere Variante dürfte demnächst in einigen Ländern Europas an den Start gehen.

Auf beiden Chips werkt eine Adreno-320-GPU, ebenso verfügen beide Varianten über 2 GB Arbeitsspeicher. Je nach Ausführung komm das Smartphone mit 16 oder 32 GB On-Board-Speicher. Vorinstalliert ist Android 4.2 mit Samsungs eigener TouchWiz-UI.

Verbindungswillig

Auf den 4,99 Zoll des Bildschirms finden 1.920 x 1.080 Pixel Platz, das Galaxy S4 zählt also zur Riege der Full-HD-Smartphones. Für Bilder und Videos zeichnet ein 13-MP-Sensor mit rückwärtiger Belichtung (BSI) verantwortlich. Auf der Frontseite prangt ebenfalls eine Kamera, sie liefert 2 MP und besitzt ebenfalls BSI-Kapazitäten.

Konnektivitätsmäßig spielt das Smartphone ebenfalls alle Stücke: WLAN, Bluetooth, NFC und microUSB stehen bereit, dazu auch 3G und LTE. Unterstützt werden verschiedene Technologien wie MHL, DLNA und WiFi Direct. Eine Infrarotschnittstelle erlaubt die Verwendung des Geräts als Universalfernbedienung. In puncto WiFi ist zu betonen, dass das Galaxy S4 bereits den neuen 801.11ac-Standard kennt und sich dank Dualband-Support auch in 5-GHz-Netzwerke einklinken kann.

Hardwareseitig hat Samsung nicht gekleckert, sondern geklotzt. Allerdings war das S3 bereits ein Kraftpaket, der Fortschritt ist hier optisch wie technisch mehr evolutionärer denn revolutionärer Natur, wie gleich mehrere Tester befinden.

Besseres Display, bessere Kamera

Die Darstellungsqualität des Super AMOLED-Bildschirms ist über die meisten Zweifel erhaben und liegt laut Engadget auf Augenhöhe mit dem HTC One. Positiv fällt auf, dass die Farben nicht mehr ganz so intensiv leuchten, wie am Vorgängergerät und die Darstellung somit natürlicher erscheint. Ein "klarer Fortschritt", wie die Rezension festhält.

Die Kamera ist, so befindet man bei The Verge, ebenfalls ein deutlicher Schritt nach vorne und braucht sich vor jener des iPhone 5 nicht verstecken. Werden die Lichtbedingungen zum Abend hin allerdings schlechter, so nimmt auch die Qualität der Fotos ab und Rauschen stellt sich ein. Hier vermögen Geräte mit Spezialentwicklungen - etwa das Lumia 920 und das HTC One - deutlich bessere Resultate zu erzielen.

Spielereien

Dafür bringt Samsungs Kamerasoftware Features mit, die woanders nicht zu finden sind. Neben allerlei Grafikfiltern ist es möglich, beide Cams gleichzeitig in Fotos oder Videos zu verwenden. Das eigene Antlitz lässt sich dabei mit verschiedenen Rahmen über das eigentliche Foto legen. Wer möchte, kann so erstellte Schnappschüsse auch mit einer kurzen Audiosequenz unterlegen, etwa um einen kurzen Kommentar abzugeben, oder die Stimmung einzufangen.

Ein weiteres Feature, "Drama Shots", ermöglicht es, mehrere Bilder eines beweglichen Motivs in schneller Abfolge aufzunehmen und quasi als "Bewegungsstudie" anzuzeigen. "Animated Photo" erlaubt die Erstellung von Kurzfilmen à la Cinemagram. Fraglich ist, ob die User diese Spielereien tatsächlich oft nutzen werden oder sie zur "Nice to have"-Zugabe verkommen.

"Schau mir in die Augen"

Überhaupt dreht sich beim Galaxy S4 viel um neue Software-Features. Einen klaren Fokus legt Samsung darauf auch in seinen Werbespots. Sie funktionieren jedoch nicht alle gleich gut.

Smart Scroll soll erkennen, wenn der Nutzer auf das Display des Telefons sieht, und dann bei entsprechender Neigung der Hand beispielsweise beim Betrachten einer Webseite weiter hinauf oder hinunter blättern oder die Hintergrundbeleuchtung zurückfahren, wenn der User wo anders hinsieht. Glaubt man dem "New York Times"-Experten David Pogue, dann scheint es bei der Zuverlässigkeit aber zu hapern.

Touchlose Steuerung

Mit Air View und den Air Gestures bringt Samsung ein Feature auf sein Telefon, das – wenn auch in etwas anderer Umsetzung - Sony vor einem Jahr beim Xperia sola als "Floating Touch" implementiert hat. Grundsätzlich geht es darum, am Bildschirm navigieren und einfache Befehle (etwa das Annehmen von Anrufen) ausführen zu können, ohne diesen berühren zu müssen - was etwa bei schmutzigen Händen Vorteile bieten kann.

Pogue befindet das für einen klugen Einfall, wundert sich aber über die Inkonsistenz der Implementierung. In manchen Apps, etwa dem von Samsung erweiterten Standard-E-Mail-Client, funktioniert die Anzeige einer Vorschau mit Air View, in anderen - darunter Gmail - jedoch nicht.

S Translator ohne "Star Trek"-Feeling

Zur Völkerverständigung beitragen soll der S Translator. Ähnlich wie der in den Schiffscomputer der Enterprise integrierte "Universalübersetzer" soll dieser getippten und gesprochenen Input in einer von mehreren Zielsprachen (auch Deutsch ist darunter) ausgeben.

"Star Trek"-Fans kommen damit aber noch nicht auf ihre Kosten. Die Übersetzung von Geschriebenem erreicht in etwa das Niveau von Google Translate. Das reicht für einfache Floskeln, sorgt bei komplexeren Aussagen aber für Probleme. Absolut problematisch gestaltet sich die Spracheingabe. Das Tool scheint sehr oft schon damit Probleme zu haben, das Gesprochene überhaupt korrekt zu verstehen.

Immerhin: Für diesen Fall wird eine Reihe vorgefertigter Phrasen für alltägliche Kommunikation angeboten. Ergebnisse lassen sich für häufigen Gebrauch auch favorisieren.

Easy Mode erleichtert den Einstieg

Am Galaxy S4 gibt es auch den vor einigen Monaten eingeführten Easy Mode, allerdings in einer überarbeiteten Form. Dieser bietet drei Homescreens, zeigt die wichtigsten Funktionen und Apps mit großen Icons an, bringt einen simplifizierten Dialer und blendet fast alles andere aus.

Über die Sinnhaftigkeit einer solchen Maßnahme bei einem featuregespickten High-End-Smartphone lässt sich wohl streiten, Pogue rechnet aber damit, dass sie einer Reihe von Leuten sehr entgegenkommt. Denn der Dschungel an Möglichkeiten des S4 kann mitunter unübersichtlich werden und unerfahrene Nutzer bisweilen überfordern. Größere Icons und besser lesbarere Schrift könnten sich zudem für ältere Nutzer als hilfreich erweisen.

Ein paar Worte über die einstige Hauptfunktion eines Handys, die Telefonie. Hier gibt sich Samsung keine Blöße. Man wird, so die Tester, vom Gegenüber klar verstanden. Die Ausbledungung störender Hintergrundgeräusche arbeitet zuverlässig. Auch empfangsseitig ist die Sprachqualität in Ordnung, wobei hier natürlich das Netz und das Gerät des Gesprächspartners eine bedeutende Rolle spielen.

Erstes Fazit

Doch was bleibt als Eindruck der ersten Tests? Generell wird das Galaxy S4 als würdiger Nachfolger des S3 gelobt, welches immerhin das bis dato meistverkaufte Android-Handy der Welt ist.

Neben dem obligatorischen Hardwareupgrade setzt man heuer noch deutlicher auf Innovationen auf Seiten der Software. Manche der neuen Features sind gelungen, andere fallen noch unter die Kategorie "nett gemeint", benötigen aber noch Arbeit. Es bleibt abzuwarten, ob Samsung hier mit Firmwareupdates nachlegen kann. Der Easy Mode ist eine gelungene Einstiegshilfe.

Wer bereit ist, über 600 Euro für ein Smartphone in die Hand zu nehmen, wird vom Galaxy S4 nicht enttäuscht, auch wenn es nicht das "Next Big Thing" ist. Ob das HTC One eine bessere Alternative darstellt, dürfte am Ende eine Geschmacksfrage sein.

Auch der WebStandard plant ein ausführliches Review zum Samsung Galaxy S4. Ein Hands-on mit ersten Eindrücken findet sich hier. (gpi, derStandard.at, 24.4.2013)