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Bringt Programmbeschwerde vor den Verwaltungsgerichtshof: ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz.

Foto: APA/Hochmuth

Wien - Für Österreichs Privatsender war Mittwoch ein Tag zum Jubeln. Erst schafft Puls 4 mit der Champions League am Vorabend 847.000 Zuschauer, die höchste, jemals im Privatfernsehen erreichte Quote, und kurz später kommt auch noch der Bescheid des Bundeskommunikationssenats, der das Urteil der Medienbehörde bestätigt: Der ORF verletzte mit seinem Fernsehprogramm von Jänner bis August 2011 das Gesetz.

Kein angemessenes Verhältnis

Der ORF habe kein angemessenes Verhältnis von Information, Kultur, Unterhaltung und Sport eingehalten, sondern überproportional viel Unterhaltung gesendet. Dadurch habe der ORF gegen seinen öffentlich 10-rechtlichen Kernauftrag verstoßen. Aufgehoben hat der Senat die Entscheidung der KommAustria, wonach ORF 1 und ORF 2 keine Vollprogramme seien. Die Privatsender hatten sich im September 2012 mit einer quantitativen Analyse bei der Medienbehörde beschwert, dass das Fernsehprogramm des ORF nicht die vom Gesetz geforderte Ausgewogenheit aufwies. Laut Privatsendern kamen die beiden ORF-Programme in diesem Zeitraum nur auf 11,4 Prozent Informationsanteil und 67,2 Prozent Unterhaltungsanteil. Die Medienbehörde KommAustria bestätigte diesen Vorwurf in erster Instanz, der ORF rief die nächste Instanz, den Bundeskommunikationssenat, an.

Für Corinna Drumm, Geschäftsführerin des Verbands Österreichischer Privatsender, ist der Bescheid „eine absolute Bestätigung des Vorwurfs, dass das ORF­-Programm nicht ausgewogen ist".

Den Gang zum Höchstgericht kündigt indes Generaldirektor Alexander Wrabetz an, der sich in „zentralen Fragen" bestätigt sieht.  Bei der Beurteilung der Ausgewogenheit seien auch Spartenkanäle zu betrachten, sagt Wrabetz.

Stoppuhr

Dass der Senat die Beschwerde hinsichtlich eines Teils des ursprünglich ausgewerteten Zeitraums abgewiesen hat, habe formale Gründe und ändere „nichts daran, dass die inhaltliche Wertung der Behörde auch für 2010 zutreffend" sei, sagt Wrabetz. Der Annahme, "Ausgewogenheit könne anhand von Quoten und mathematischen Formeln mit der Stoppuhr berechnet werden" sei eine Absage erteilt worden. Dem widersprechen die Privatsender: Eine mathematisch berechenbare Obergrenze für die Programmkategorie Unterhaltung sei vollinhaltlich bestätigt worden. Der Bescheid verwerfe weiters laut ORF den erstinstanzlichen "engen Kulturbegriff".

Der Senat stellt aber fest, dass es "keine wie immer gearteten Anhaltspunkte" dafür gebe, „dass unter den Begriff Kultur schon jegliches mehr oder minder originelle Lustspiel oder jede Comedy zu subsumieren oder auch jegliche Darstellung der Liebes-, Alltags- und Stadtkultur als Erfüllung des  1aKulturauftrags' anzusehen ist". Der Senat trägt dem ORF auf, den Spruch zu verlesen. Eine weitere Beschwerde liegt bei der Komm­Austria: Auch Ö3 verletze das Gesetz, Beschwerdeführer ist Kronehit. (Doris Priesching, DER STANDARD, 25.4.2013)