Ein Laserpuls (rot, von unten kommend) beschleunigt Elektronen (grün) aus einer dünnen Folie aus Kohlenstoffatomen fast auf Lichtgeschwindigkeit. Trifft auf diesen relativistischen Spiegel ein weiterer infraroter Lichtpuls, so wird dieser als Attosekunden-Lichtblitz im extremen ultravioletten Bereich reflektiert.

Grafik: Thorsten Naeser

Was geschieht mit Licht, das von einem fast mit Lichtgeschwindigkeit fliegenden Spiegel zurück geworfen wird? Albert Einstein stellte 1905 in seiner Veröffentlichung "Zur Elektrodynamik bewegter Körper" die These auf, dass die reflektierte elektromagnetische Strahlung zu kürzeren Wellenlängen verschoben wird. Einer Gruppe internationaler Physiker ist es nun gelungen, diese Annahme im Experiment zu beweisen. Die Forscher beschleunigten einen Spiegel aus Elektronen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit und richteten einen Laser darauf.

Wie man einen relativistischen Spiegel "baut"

An dem Rutherford Appleton Laboratorium in Oxford schickten die Physiker einen rund 50 Femtosekunden (dies entspricht 50 Millionstel einer Milliardstel Sekunde, Anm.) kurzen, hochintensiven Laserimpuls auf eine dünne Folie aus Kohlenstoffatomen. Die Photonen dieses Pulses schlugen aus den Atomen eine dichte Lage aus Elektronen heraus und beschleunigten sie innerhalb eines Mikrometers auf nahezu Lichtgeschwindigkeit. Damit hatten die Physiker einen so genannten relativistischen Spiegel erschaffen. Während der extrem kurzen Lebensdauer des Spiegels von nur wenigen Femtosekunden ließen die Physiker einen zweiten Femtosekunden-Lichtpuls von der entgegengesetzten Seite auf die rasende Elektronenwand auftreffen. Dieser Puls bestand aus Nahem Infraroten Licht und dauerte ebenfalls nur wenige Femtosekunden.

Während gewöhnliche Spiegel nun das einfallende Licht unverändert reflektieren, wandelt ein Spiegel, der mit nahezu Lichtgeschwindigkeit fliegt, das auftreffende Licht um. Dabei überträgt der Spiegel den Impuls auf die Photonen - analog zu einem Ball der durch das Abprallen von einem entgegenkommenden Schläger zu einer höheren Geschwindigkeit getrieben wird. Da sich die Photonen aber schon mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, werden sie zu höheren Frequenzen verschoben, ähnlich wie beim Dopplereffekt eines vorbeifahrenden Krankenwagens, dessen Sirene man höher bzw. tiefer hört, je nachdem ob er auf einen zukommt oder wegfährt.

Bei dem Experiment bewirkte die enorme Geschwindigkeit des Spiegels, dass sich das einfallende infrarote Licht mit 800 Nanometer Wellenlänge umwandelte in extremes, ultraviolettes Licht mit Wellenlängen zwischen 60 bis 80 Nanometer. Ebenso verkürzte sich die Zeitdauer der reflektierten Lichtblitze auf die Größenordnung von einigen 100 Attosekunden (eine Attosekunde ist ein Milliardstel einer milliardstel Sekunde, Anm.).

Neuer Weg zu Attosekunden-Lichtblitzen

Mit ihren Experimenten haben die Wissenschaftler damit nicht nur einen Gedankengang von Albert Einstein experimentell untermauert, sondern auch einen neuen Weg gefunden, Attosekunden-Lichtblitze zu produzieren. Mit solchen Lichtblitzen ist man wiederum in der Lage, Elektronen zu fotografieren, die sich innerhalb solch unvorstellbar kurzen Zeitspannen in Atomen bewegen und damit die noch weitgehend unbekannten, elementarsten Vorgänge in der Natur zu beobachten.  Die Physiker vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) in Garching, der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, der Queens University Belfast (QUB) und dem Rutherford Appleton Laboratorium in Oxford (Großbritannien) haben ihre Arbeit im Fachjournal "Nature Communications" veröffentlicht. (red, derStandard.at, 25.04.2013)