Bild nicht mehr verfügbar.

Verkaufsstand im ostsyrischen Rakka: "Kaufe, verkaufe und repariere alle Arten von Waffen und Munition"

Foto: REUTERS/Hamid Khatib

Bild nicht mehr verfügbar.

Demonstranten in Kafranbel bei Idlib kritisieren die Untätigkeit US-Präsident Obamas

Foto: REUTERS/Raed Al-Fares/Shaam News Network

Auf dem Videoportal Youtube sind Aufnahmen zu sehen, die angebliche Sarin-Opfer mit Schaum vor dem Mund zeigen

Foto: Screenshot Youtube

Bild nicht mehr verfügbar.

Washington, 24. Juli 1997: Pentagon-Experte Bernard Rostker präsentiert die Ergebnisse einer Studie über die Ereignisse im irakischen Munitionsdepot Khamisiyah, bei denen US-Soldaten unabsichtlich Saringas ausgesetzt wurden

Foto: epa/Jamal A. Wilson

Bild nicht mehr verfügbar.

US-Außenminister Hagel hält sich derzeit in Abu Dhabi auf. Er spricht im Falle Syriens von einem Chemiewaffeneinsatz "in kleinem Stil".

Foto: APA/EPA/Pool

Die USA halten es für wahrscheinlich, dass die syrische Führung Chemiewaffen eingesetzt hat. Die syrischen Streitkräfte hätten chemische Waffen wohl in geringen Mengen benutzt, sagte Verteidigungsminister Chuck Hagel. 

Zurückhaltung

Trotzdem reagierte US-Präsident Barack Obama sehr zurückhaltend auf die neuesten Geheimdiensterkenntnisse. Noch fehle der endgültige Beweis, dass die Regierung von Präsident Bashar al-Assad ihre Gegner mit dem Nervengas Sarin angegriffen habe, erklärte das Präsidialamt am Donnerstag. "Die Beweiskette ist nicht eindeutig", begründete ein Regierungsvertreter Obamas Zurückhaltung. 

Lektion aus Irak-Krieg gelernt

Vertreter des Präsidialamts verwiesen darauf, dass die US-Regierung Lehern aus dem Irak-Krieg gezogen habe. Damals hatten die USA Geheimdienstangaben über Massenvernichtungswaffen in den Händen von Saddam Hussein zum Anlass für den Einmarsch im Irak genommen. Die Informationen erwiesen sich jedoch als falsch.

Angesichts sich offenbar verdichtender Hinweise auf einen Chemiewaffeneinsatz in Syrien werden in der israelischen Regierung Rufe nach einer Militärintervention lauter: Die USA müssten militärisch eingreifen, "um die Kontrolle über das syrische Chemiewaffenarsenal zu übernehmen", sagte der stellvertretende Außenminister Zeev Elkin am Freitag im Militärrundfunk.

Proben analysiert

Das Weiße Haus informierte mehrere Mitglieder des US-Kongresses schriftlich, dass die Geheimdienste "mit unterschiedlichem Grad der Zuverlässigkeit" vom Einsatz von Chemiewaffen "in geringem Maße" ausgingen. In dem Brief steht, die Annahme beruhe zum Teil auf der Analyse mehrerer Proben.

Angesichts der neuen Hinweise hat UN-Generalsekretär Ban Ki-moon Syrien erneut aufgerufen, ein UN-Expertenteam ins Land zu lassen. Die Behörden sollten den Waffenexperten vollen und uneingeschränkten Zugang gewähren, sagte Ban nach Angaben seines Sprechers am Donnerstag.

Laut dem Magazin "Wired" wurden in Blutproben mehrerer Personen Spuren von Sarin gefunden. Die Proben sollen einem US-Geheimdienst zufolge von Aufständischen außer Landes gebracht worden sein. Woher diese Proben stammten, sei nicht eindeutig erwiesen. Verschiedene Rebellengruppen hätten Material geliefert, das deren Angaben zufolge bei mehreren Angriffen der syrischen Armee gesammelt worden sei.

Nicht genug Beweiskraft

Es sei allerdings unsicher, in durch wessen Hände die Proben bis zu ihrer Ankunft im Analyselabor gegangen seien. Deshalb könne nicht festgestellt werden, unter welchen Umständen Menschen den Chemiewaffen ausgesetzt gewesen seien. Aus der jüngsten Vergangenheit habe man gelernt, dass solche Einschätzungen nicht ausreichten, um Entscheidungen zu treffen. Dazu seien "glaubwürdige und überprüfbare Tatsachen" erforderlich.

Auch das britische Außenministerium meldete am Donnerstag, man habe "begrenzte, aber überzeugende Informationen aus mehreren Quellen", die darauf hinwiesen, dass in Syrien Chemiewaffen eingesetzt worden seien. Beobachter gehen davon aus, dass zumindest zwei sarinhaltige Blutproben in den Labors im amerikanischen Edgewood und im britischen Porton Down analysiert wurden. Dass die USA von einem Chemiewaffeneinsatz "in geringen Mengen" sprechen, gilt als Hinweis darauf, dass die Kontamination mit dem Kampfstoff nicht in einer Gefechtssituation passiert sein könnte.

Auch die EU verlangt mittlerweile eine Untersuchung durch die Vereinten Nationen. "Jeder Einsatz von chemischen Waffen ist unter allen Umständen völlig inakzeptabel", sagte ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton am Freitag. "Wir hoffen, dass es eine Untersuchung der Vereinten Nationen innerhalb Syriens gibt, um besser zu sehen, was tatsächlich passiert ist."

Es scheine "noch nicht völlig klar zu sein", was sich in Syrien zugetragen habe, sagte der Sprecher: "Ich denke, dass wir mehr Beobachtung brauchen." Die EU verfolge die Berichte über den Einsatz von Chemiewaffen in Syrien sehr aufmerksam: "Wir haben gesehen, dass das Regime in Syrien keinen großen Respekt für Menschenleben hat. Aber wir können nichts Endgültiges sagen, solange wir keine Beweise gesehen haben."

Unabsichtlich vergiftet?

Rebellen könnten zum Beispiel bei der Plünderung von Waffendepots der syrischen Armee unabsichtlich in Kontakt mit dem Kampfstoff gekommen sein. Sarin ist wasserklar und geruchlos, weshalb es bereits mehrmals zu unabsichtlicher Kontamination kam. Der bekannteste Vorfall ereignete sich 1991 im irakischen Khamisiah, als US-Soldaten ein Munitionslager sprengten.

Dass die dort gelagerten Artilleriegranaten auch Sarin enthielten, war zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt. Bei der Explosion wurden tausende US-Soldaten geringen Dosen des Kampfstoffes ausgesetzt.

Wenige Tage zuvor hatten hochrangige israelische Geheimdienstoffiziere die syrische Führung beschuldigt, die international geächteten Waffen gegen die eigene Bevölkerung einzusetzen. US-Präsident Obama hatte die syrische Regierung vor einem Chemiewaffen-Einsatz gewarnt und für diesen Fall mit einem militärischen Eingreifen gedroht.

Informationsminister: Armee besitzt keine Chemiewaffen

Der syrische Informationsminister Omran al-Zoubi hat Vorwürfe zurückgewiesen, dass das Regime in Damaskus Chemiewaffen eingesetzt hat. Die Armee besitze derartige Waffen überhaupt nicht, sagte Zoubi laut "Guardian".

Die Chemiewaffen seien von Organisationen wie Al-Kaida verwendet worden, die Syrien mit derartigen Angriffen gedroht hätten, erklärte der Minister. Sie hätten ihre Drohungen in der Nähe von Aleppo wahr gemacht, es habe Opfer dabei gegeben. "Die syrische Armee besitzt keine Chemiewaffen", unterstrich Zoubi.

Zoubi warf jedoch den Rebellen vor, Chemiewaffen aus der Türkei einzusetzen. "Die Rakete ist von einem Ort abgeschossen worden, der unter Kontrolle der Rebellen ist und nahe der Türkei liegt", sagte er am Freitag der Agentur Interfax zufolge in Moskau. "Es ist anzunehmen, dass die Waffe aus der Türkei geliefert wurde." Zudem seien auf Aufnahmen der Rakete türkische Inschriften zu sehen, so Zoubi.

Der Minister wies mit Nachdruck Vorwürfe zurück, das Regime habe Chemiewaffen eingesetzt. Die USA seien in dieser Frage "taub". Zoubi schlug vor, dass russische Spezialisten den Chemiewaffeneinsatz untersuchen. Russland gilt als enger Partner des syrischen Machthabers Bashar al-Assad. (APA/red, derStandard.at, 26.4.2013)