Nach zwei Jahren als Capitals-Nachwuchstrainer nimmt Philippe Horsky nun die Position als Co-Trainer des EBEL-Teams ein und ist außerdem sportlicher Leiter für das U18- und U20-Team in der EBYSL.

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Seit er vor einem Jahr zum Assistant Coach von Tommy Samuelsson befördert wurde, erfüllt Philippe Horsky (30) beim Vizemeister aus der Bundeshauptstadt die wichtige Brückenfunktion zwischen Nachwuchsbereich und Kampfmannschaft. An der geänderten Vereinsphilosophie und dem Umstand, dass die Capitals langsam, aber sicher Eigenbauspieler von EBEL-Format produzieren, hat er nach drei Jahren im Klub wesentlichen Anteil.

Im Interview mit Hannes Biedermann lässt der 30-Jährige die Finalniederlage gegen den KAC Revue passieren, spricht über die Transferpolitik der Capitals und skizziert das Rollenbild des Co-Trainers in einem Profiklub.

derStandard.at: Herr Horsky, heute vor genau drei Wochen endete die Saison für die Vienna Capitals, die Finalserie gegen den KAC ging mit 0:4 verloren. Mit diesem zeitlichen Abstand betrachtet, wie würden Sie das Finale 2013 zusammenfassen?

Horsky: Ich denke, dass sich vieles in dieser Serie im ersten Spiel entschieden hat. Da waren wir das bessere Team, hatten aber eine schlechte Chancenauswertung. Die Mannschaft des KAC hat in dieser Partie Blut geleckt, ist noch ein Stück weiter zusammengewachsen. Das hätten wir nicht zulassen dürfen.

derStandard.at: Die Chancenauswertung, vier Tore bei 151 Torschüssen in über 245 Minuten, war sicher ein großes Manko. Was fehlte den Capitals außerdem?

Horsky: Die Routine – nicht unbedingt die individuelle, aber jene als Team in einer solchen Situation. Der KAC verlor in sehr ähnlicher Besetzung in den letzten beiden Jahren zwei Finalserien. Klagenfurt hat diesen Preis schon bezahlt, uns fehlte sie noch, diese Finalerfahrung als Mannschaft.

derStandard.at: Wenn man die Tore der Finalserie noch einmal rekapituliert, fällt auf, dass fast alle KAC-Treffer, teilweise auch jene im Powerplay, aus schnellen Gegenstößen nach raschem Umschalten resultierten.

Horsky: Der KAC ist hinten, beziehungsweise eigentlich schon im Mitteldrittel, sehr gut gestanden. Für uns war Klagenfurt ein ganz anderer Gegner als der offensive EC Salzburg in der Runde davor. Wir wollten so weiterspielen wie im erfolgreichen Halbfinale, vielleicht haben wir uns auf diese neue Situation erst etwas zu spät eingestellt.

derStandard.at: Wir haben schon angesprochen, dass die Capitals enorme Probleme hatten, Tore zu erzielen, auch im Powerplay klappte das nicht (Anm.: kein Treffer in fast 23 Minuten Überzahl). Durchaus überraschend blieben die beiden PP-Formationen die gesamte Serie hindurch dennoch unverändert.

Horsky: Wir hatten in dieser Saison immer wieder Phasen, in denen wir im Powerplay Probleme hatten, darum haben wir auch mehrfach Veränderungen vorgenommen und Neues probiert. Letztlich haben wir diese personelle Zusammenstellung als die beste erachtet. Im Nachhinein kann man das sicher anders sehen, aber um ehrlich zu sein, hatten wir auch nicht sonderlich viele Optionen für große Adaptierungen.

derStandard.at: Inwiefern hat eine letztlich doch enttäuschende Finalserie, in der einige Akteure nicht an ihren Leistungszenit herankamen, auch Einfluss auf die Personalplanung für die kommende Saison?

Horsky: Ich würde lügen, würde ich sagen, dass die Final-Performances keine Auswirkungen auf unsere Transferpolitik haben. Es wäre aber falsch, es alleine daran festzumachen, wir betrachten da schon das Gesamtbild.

derStandard.at: Transfers sind ein gutes Stichwort: Wie darf man sich die Entscheidungsabläufe in der Personalplanung der Capitals vorstellen, wer wirkt an diesem Prozess mit?

Horsky: Head Coach Tommy Samuelsson entwickelt unsere Spielphilosophie und ergründet, welche Art von Spielern wir brauchen, um diese umzusetzen. Scout Bernd Freimüller, der das ganze Jahr hindurch auf Reisen ist und sich unzählige Cracks ansieht, präsentiert dann, welche den gewünschten Typen entsprechenden Akteure am Markt sind.

derStandard.at: Am Beginn eines Spielertransfers steht also ganz eindeutig die sportliche Dimension.

Horsky: Ja, der ungefähre finanzielle Rahmen ist natürlich schon vorher bekannt, aber grundsätzlich werden sportliche Entscheidungen getroffen, erst dann kommt General Manager Franz Kalla ins Spiel und lotet aus, welche Personalwünsche wirtschaftlich für uns auch zu realisieren sind.

derStandard.at: Zu welchem Zeitpunkt im Saisonverlauf beginnt man bei den Capitals, am Kader für das Folgejahr zu basteln?

Horsky: Während der Saison hat für den Trainer das Tagesgeschäft ganz klaren Vorrang, die Planung der Zukunft spielt im Hinterkopf aber immer eine Rolle. Es ist nicht so, dass im Oktober oder November Verträge unterschrieben werden, aber um Weihnachten herum macht man sich schon zunehmend intensivere Gedanken. Beginnend mit den aktuellen Spielern, bei denen eventuell Optionen zu ziehen sind.

derStandard.at: Einige Vertragsverlängerungen haben die Capitals bereits kommuniziert, fest steht auch bereits, welche vier Spieler den Verein definitiv verlassen werden. Neuzugang wurde hingegen noch kein einziger bestätigt. Welche Wechsel sind zu erwarten?

Horsky: An einigen Positionen möchten wir uns verändern, parallel dazu den eingeschlagenen Weg weitergehen und nachrückenden Spielern echte Chancen bieten. Die Punkte- und Kaderregel schränkt unsere Möglichkeiten ein, da hatten wir jüngst einige harte Entscheidungen zu treffen. Der Grundgedanke ist aber jener, dass junge österreichische Spieler mehr Eiszeit und mehr Verantwortung bekommen sollen und werden.

derStandard.at: Einer dieser Jungen ist Torhüter David Kickert, der hinter Matt Zaba als Backup in die neue Saison gehen wird.

Horsky: Wir hätten Fabian Weinhandl gerne behalten, das war jedoch nicht möglich. Zum Glück drängt aus dem eigenen Unterbau aber David Kickert nach, der unserer Meinung nach für das nächste Level bereit ist. Er ist ein Goalie, der uns in Österreich noch viel Freude bereiten wird, und der richtige Zeitpunkt für den nächsten Schritt in seiner Entwicklung ist jetzt, darum haben wir ihn hochgezogen.

derStandard.at: Kickert wurde vor einem Monat 19 Jahre alt. Das ist sehr jung in einem Land, in dem man auch mit 24 noch als "Talent" gilt.

Horsky: Dafür fehlt mir auch jedes Verständnis, ebenso für "Yougstars"-Wahlen, bei denen Spieler mit 150, 200 Profi-Einsätzen nominiert werden. David Kickert ist mental und körperlich soweit. In anderen, deutlich besseren europäischen Ligen gäbe es diese Diskussion auch gar nicht, da sind 19- oder 20jährige Goalies nichts Außergewöhnliches, auch nicht als Nummer eins.

derStandard.at: Zur Personalplanung im Allgemeinen, den Neuzugängen. Ohne dem Namedropping zu verfallen: Wird sich die Charakteristik des Teams verändern?

Horsky: Nein, wir möchten auf unserem Weg bleiben. Ich denke, dass wir unseren Stil gefunden haben und schnelles, eher technisch geprägtes Eishockey spielen. Jetzt gilt es, wie bereits erwähnt, nach und nach junge Cracks in dieses System einzubauen. Das hat zuletzt schon ganz passabel funktioniert, was ja in der Vergangenheit in Wien nicht immer der Fall war.

derStandard.at: Die zu Ende gegangene Saison war Ihre erste komplette als Assistant Coach im Seniorenbereich. Welche Erfahrungen nehmen Sie aus dieser Spielzeit mit?

Horsky: Enorm viele, ich bin als Trainer sicherlich gewachsen, auch wenn es vom Arbeitspensum her ein sehr intensives Jahr war und ich praktisch in der Halle wohnte. Hinsichtlich Strategie und Mannschaftsplanung konnte ich mir sehr viel von Cheftrainer Samuelsson abschauen, mir wurden neue Perspektiven eröffnet. Und nebenbei wird auch mein Schwedisch immer besser.

derStandard.at: Wie schwer war nach mehreren Jahren als Juniorentrainer die Umstellung?

Horsky: Das war durchaus eine Herausforderung, alles ist größer, man wirkt in viel mehr Bereiche hinein. Es genügt nicht, einen Kader zusammenzustellen, das Training zu leiten und das Team im Spiel zu coachen. Das Umfeld ist viel ausdifferenzierter, vielschichtiger – von der Abstimmung mit den Konditionstrainern bis hin zur Zusammenarbeit mit der medizinischen Abteilung.

derStandard.at: Gibt es in diesem breit aufgestellten System auch Bereiche, in denen Sie als Co-Trainer die Hauptverantwortung tragen?

Horsky: Ja, beispielsweise im Videocoaching. Ich analysiere unsere Gegner und präsentiere Tommy Samuelsson einen Zusammenschnitt der aussagekräftigsten Sequenzen. Darauf aufbauend entwickeln wir dann einen Gameplan und entscheiden, welche Szenen wir in der Vorbereitung unserer Mannschaft zeigen.

derStandard.at: Im Trainingsalltag respektive dann im Spiel selbst?

Horsky: In den Trainingseinheiten bleibe ich mit den rekonvaleszenten und den jungen Spielern länger am Eis, arbeite mit ihnen auf individueller Ebene. Im Coaching während der Partien bin ich für die Defensive zuständig, da lässt mir der Head Coach auch sehr viel Gestaltungsraum.

derStandard.at: Nicht zuletzt aufgrund Ihrer Vergangenheit als Juniorencoach erfüllen Sie bei den Capitals auch eine Funktion als Bindeglied zwischen Kampfmannschaft und Nachwuchs, sitzen also genau an jeder Schnittstelle, an der im österreichischen Eishockey das größte Potenzial verloren geht.

Horsky: Dieser Sprung ist ein großer, ihn gilt es zu überbrücken. Neben der Tätigkeit als Co-Trainer des EBEL-Teams übernehme ich auch die sportliche Leitung unseres U18- und U20-Teams in der EBYSL. Diese Anknüpfung macht Sinn, speziell, da wir zukünftig kontinuierlich mehr Eigenbauspieler in die Kampfmannschaft bringen wollen.

derStandard.at: Wir haben uns an dieser Stelle vor gut eineinhalb Jahren über die Nachwuchsarbeit der Capitals unterhalten, damals war der Sinneswandel des Vereins von einer stets auf den nächsten April ausgerichteten Politik hin zu nachhaltigeren Konzepten noch ein sehr junger. Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung seither?

Horsky: Wir sind auf einem guten Weg. Insgesamt wurde alles professioneller, die Trainingsintensität hat fortlaufend zugenommen, wir haben eine eigene Mentalität etabliert. Jetzt kommen wir langsam in die Phase der ersten Ernte: Patrick Peter hat den Sprung geschafft, David Kickert soll der nächste sein. Das motiviert natürlich auch die Spieler der folgenden Jahrgänge und kann zu einer sehr positiven Spirale werden.

derStandard.at: Nachdem wir jetzt sehr viel über die Zukunft des Vereins gesprochen haben, abschließend auch zu Ihrer persönlichen Planung: Sie werden auch im kommenden Jahr in den gleichen Funktionen beim Klub tätig sein, welche sind Ihre darüber hinausgehenden Ziele?

Horsky: Die Zusammenarbeit mit Tommy Samuelsson ist eine wunderbare, ich erhalte sehr viel Vertrauen. Von daher hoffe ich, dass sich meine Lernkurve so fortsetzt und wir den Verein so weiterentwickeln können, wie wir das in der jüngeren Vergangenheit getan haben. Auf längere Sicht würde ich auch gerne Erfahrungen im Ausland sammeln, aber das ist Zukunftsmusik, aktuell gibt es in Wien noch viel zu lernen und zu bewegen. (Hannes Biedermann, derStandard.at, 26.4.2013)