Im Werk Leipzig werden das Kohlefaser-Monocoque des BMW i3 geformt.

Foto: bmw

Der Lithium-Ionen-Batteriesatz sitzt im Unterboden.

Foto: bmw

Der BMW i3 im abgestrippten Zustand.

Foto: bmw

Das Antriebs-Paket im Heck.

Foto: bmw

Das Concept Car zum i3. Die Serienversion kommt ab Herbst, ab 40.000 Euro.

Foto: bmw

Der Hype ist vorüber. Nachdem die bestehenden Elektroauto-Projekte nicht von umwerfendem Erfolg begleitet sind und Audi sogar sein Elektro-Projekt eingestellt hat, erscheint es nun doch besonders spannend, dass BMW an seiner Strategie beinhart festhält: Der City-Flitzer i3 kommt definitiv im Herbst als reines Elektroauto (170 PS, 250 Nm Drehmoment, 40.000 Euro) und als Elektroauto mit Range Extender. Bald darauf folgt der i8, von der Fahrzeugstruktur auf ähnlicher Basis, aber als besonders kräftig motorisierter Hybrid.

Im ersten Moment wäre man geneigt, sich ein wenig Sorgen um BMW zu machen: Die Bayern gehen mit Vollgas in einen Markt hinein, der mittlerweile als eher schwierig gilt: brennende Batterien, geringe Reichweiten, horrende Stückpreise und dann auch noch fragwürdige Ökobilanzen. Bei genauerem Hinsehen entdecken wir allerdings eine Strategie, die weit über die Elektrifizierung des Automobils hinausgeht.

Extrem hohe Festigkeit

Zum Beispiel das Kohlefaser-Monocoque: Niemals, hieß es, würde bei diesem extrem leichten Werkstoff mit extrem hoher Festigkeit eine Großserienfertigung infrage kommen. Verkürzt ausgedrückt: BMW hat ein Verfahren entwickelt, bei dem nicht mehr bei hohen Temperaturen im Autoklav gebacken wird, sondern bei dem die Kohlenstofffasern und das Harz bei 100 Grad in der Form zusammenfließen und relativ schnell aushärten, was doch höhere Taktzeiten erlaubt.

Wichtig aber: Das Kohlefaser-Monocoque ist nur einer von vielen Teilen des Konzepts (halb so schwer wie Stahl, 30 Prozent leichter als Aluminium). In der Bildsprache des Unternehmens gehört es zum Life-Modul. Die wirklich tragenden Komponenten, etwa der Batteriekasten und die ganze Aufhängung für Elektromotor, Getriebe, Motorsteuerung, das Fahrgestell und die umfassenden Crash-Strukturen sind aus Aluminium. Auch Stahlteile sind zu finden. Dieses Paket nennt man zusammengefasst Drive-Modul.

Auf normale Autos übertragbar

Das heißt, der i3 ist nicht nur ein Elektroauto, sondern ein riesiges Forschungsobjekt in Sachen Leichtbauwerkstoffe. Die Erkenntnisse sind jederzeit auch auf ganz normale Autos übertragbar. Es ist jedenfalls bekannt, dass E-Mobilität hoch gefördert wird.

Die Leichtbauweise bringt einen Gewichtsvorteil von 250 bis 350 kg gegenüber einem herkömmlichen elektrifizierten Auto. Die Reparatur, selbst tragender Teile aus CFK, lässt sich mit entsprechendem Know-how durch Sägen und Kleben erledigen, ist also eher einfacher als bei Aluminium. Da die Außenhaut aus herkömmlichem Kunststoff besteht, sind 90 Prozent aller Reparaturen, also Kratzer und Dellen entfernen, sogar recht einfach.

Windräder decken Energiebedarf

Die Kommunikation einer Idee fällt natürlich leichter, wenn man so augenfällige Objekte wie Windkraft-Turbinen vorzeigen kann. Da es Teil des Konzepts ist, von der Produktion bis zum Betrieb möglichst regenerierbare Energieformen einzusetzen, erfolgt die extrem energieaufwändige Produktion der Kohlenstofffasern mit 100 Prozent Wasserkraft am Standort Moses Lake, USA. Im Werk Leipzig hat man von einem Windkraftunternehmen vier Windräder aufstellen lassen, die den gesamten Energiebedarf zur Herstellung der Elektroautos decken, naturgemäß als Rechenmodell im Jahresrhythmus.

In umfangreichen Testreihen mit einem elektrischen Mini und einem Dreier-BMW mit ähnlicher Technik hat man das Nutzungsverhalten der Kundschaft bereits seit Jahren untersucht. Und es hat sich bestätigt, was ohnehin schon einer geläufigen Statistik entspricht: Die meisten Leute fahren nicht viel mehr als 50 km pro Tag. Es ist also eher eine Frage des persönlichen Zugangs zum Automobil, mit einer versprochen realistischen Reichweite von 150 km umzugehen, als eine Frage der akuten Notwendigkeiten.

Normaler BMW für längere Reisen

Wer öfter ans Reichweitenlimit gerät, wird zur Sicherheit den Range-Extender gegen Aufpreis ankreuzeln. Es wird aber auch Finanzierungspakete geben, die für längere Reisen die vorübergehende Nutzung eines normalen BMW inkludieren. Gut nachvollziehbar ist der Gedanke, dass unser herkömmlicher Zugang zum Automobil in den Ballungsräumen der Zukunft obsolet wird, der Autokauf nach dem äußert selten gelebten Maximalbedarf nämlich. (Rudolf Skarics, DER STANDARD, 26.4.2013)