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Die Schweizer verfolgen die europäische Debatte zum Bankgeheimnis aufmerksam.

Foto: ap/maire olivier

Österreich und die Schweiz sind an sich keine Freunde der automatischen Speicherung und Weitergabe von Bankdaten. Als "Datenfriedhof" wurden sie von Österreichs Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) abgelehnt. Doch nun gibt Österreich auf Druck der EU hin klein bei. Der Kampf gegen Steuerbetrug heilige das Mittel. Die Schweiz trotzt den Transparenzwünschen Brüssels nun ganz alleine.

Momentum bei EU-Kommission

Die Union dürfte nun den Druck auf die Schweiz schrittweise erhöhen. Am Sonntag war es etwa der EU-Botschafter in der Schweiz, Richard Jones, der Bern zu einer Beteiligung am automatischen Informationsaustausch (AIA) gedrängt hat. Von Zwang sei freilich nicht die Rede, man wolle aber eine "globale Lösung", beschied Jones der "SonntagsZeitung".

Heikel wird es für die Schweiz dann spätestens nach dem Treffen der EU-Finanzminister (Ecofin) am 14. Mai in Brüssel. Sieben weitgediehene Vorschläge werden dort diskutiert. Dass der AIA darunter ist, gilt als ausgemacht. Ecofin-Vorsitzender Michael Noonan, im Brotberuf irischer Finanzminister, und EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta werden versuchen, bei der Bekämpfung von Steuerbetrug und -hinterziehung Nägel mit Köpfen zu machen.

Großbaustelle

Im Mittelpunkt steht dabei die EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie über die grenzüberschreitende Besteuerung von Zinserträgen natürlicher Personen, deren voller Anwendungsbereich künftig auch Österreich und Luxemburg umfassen soll. Letztere sind die einzigen verbliebenen EU-Staaten, die Zinszahlungen an EU-Ausländer nicht automatisch an deren Wohnsitzland melden, sondern – wie es auch die Schweiz tut – mit einer Quellensteuer belegen.

Zudem will die EU-Kommission ein Mandat aller EU-Länder – dafür ist Einstimmigkeit erforderlich – für die Aufnahme von Verhandlungen mit der Schweiz, Andorra, Liechtenstein, Monaco und San Marino über die Anpassung bestehender Zinsbesteuerungsabkommen mit der Union.

Seitenhieb auf Großbritannien

Dabei geht es um viel Geld. Denn findige Steueroptimierer, die Kapitalerträge über einen Trust – damit gibt man das Eigentum an einem Unternehmen formell ab, sichert sich die Kontrolle aber durch Nebenabreden – oder bestimmte Versicherungsprodukte verschleiern, bringen Europas Kämmerer um Milliarden Euro.

Diese Schlupflöcher sollen nun geschlossen werden. Österreich fordert sogar ein öffentliches Register, das die "Identifizierung der wirtschaftlichen Eigentümer von gesellschaftsrechtlichen Strukturen [. . .] sicherstellen" soll. Quasi als Seitenhieb auf Großbritannien, dessen Briefkasten-Paradiese bislang weitgehend unbehelligt Geld vor den Fisken verstecken.

EU-Recht sticht bilaterale Abkommen

Während Luxemburg bereits ab 2015 den automatischen Datenaustausch einführen will, macht Österreich den Termin auch von den laufenden Verhandlungen abhängig. Diese Woche trifft man sich am Donnerstag erstmals auf Expertenebene in Brüssel.

Wien geht es vor allem um die Beibehaltung der erst jüngst mühsam ausverhandelten Steuerabkommen mit der Schweiz und Liechtenstein. Das wird heikel. "Österreich kann nicht gleichzeitig das EU-Abkommen haben, und daneben läuft ein anderes Abkommen weiter", beschied etwa Eurogruppen-Koordinator Thomas Wieser dem "Kurier". Nach Ansicht der Kommission könnten zumindest Teile der österreichischen Abkommen nicht neben der neuen Zinsrichtlinie bestehen bleiben. Je weiter der EU-Vertrag gefasst wird, desto enger wird es für die bilateralen Abkommen. 

Europa mit einer Stimme

Ob die Schweiz und Liechtenstein nun vom Wegfall des Bankgeheimnisses für Ausländer in Österreich profitieren, wird sich erst zeigen. Ein Teil der 53 Milliarden Euro an ausländischen Einlagen auf heimischen Konten könnten abfließen. Ob aber gerade die Schweiz sich für diese Gelder in Position bringt, ist fraglich. Denn auch dort wächst der Druck auf die Banken, kein neues Schwarzgeld anzunehmen.

Letztlich irrelevant wären die Abkommen, wenn Schweiz und Liechtenstein dem automatischen Datenaustausch (AIA) zustimmen und eine europaweit einheitliche Regelung ermöglichen. Dass die Europäer gegenüber den USA eine einheitliche Position haben, ist Brüssel besonders wichtig. "Europa wäre glaubwürdiger und hätte mehr Einfluss", sagt der EU-Botschafter in der Schweiz, Richard Jones der "SonntagsZeitung".

Und dass Bern mit dem AIA rechnet, ist anzunehmen. Denn die EU-Kommission will zumindest das gleiche für die EU, was die Schweizer den USA gewährt haben. Im sogenannten Facta-Abkommen bekommen die USA Kontoinformation in einer Art und Weise, die dem AIA in der faktischen Wirkung nahe kommt.

Dann kann es gut sein, dass die Schweizer den bilateralen Vertrag mit Österreich kündigen. Gänzlich vorbei wäre es in diesem Fall mit einer Besonderheit des Steuerrechts– der anonymen Quellensteuer. Vielleicht quillt aus ihrem Ende aber etwas Unverhofftes: Mehr Transparenz im europäischen  Steuerdschungel. (sos, derStandard.at, 29.4.2013)