Großes Interesse aus dem Ausland am Wiener Zinshaus. Die Preise steigen, die Renditen sinken.

Foto: Putschögl

Das Wiener Gründerzeit-Mietzinshaus, seit einigen Jahren auch immer öfter "Wiener Gold" genannt, ist weiterhin ein Renner unter Investoren. Im Jahr 2012 wurden in der Bundeshauptstadt nach vorläufigen Zahlen 829 Millionen Euro in Zinshäuser investiert. Dabei handelt es sich um den höchsten Wert seit fünf Jahren, was die Transaktionen bis jeweils Ende Februar des nachfolgenden Jahres betrifft, heißt es in einem aktuellen Marktbericht von Otto Immobilien für das Frühjahr 2013.

"Nachlauf" schwierig zu schätzen

Weil die Grundbucheintragung bei Zinshaus-Geschäften mitunter auch erst ein halbes Jahr später vorgenommen wird, gibt es bei diesen Transaktionen immer einen gewissen Nachlauf zu berücksichtigen. Dieser machte 2009 beispielsweise mehr als 300 Millionen Euro aus. Fällt dieser Nachlauf für 2012 ähnlich üppig aus, könnte erstmals seit 2009 wieder die Umsatz-Milliarde erreicht werden.

Diese verspätet im Grundbuch eingetragenen Transaktionen fielen in den letzten Jahren aber höchst unterschiedlich aus, sodass Firmenchef Eugen Otto und Marktbericht-Autorin Lene Kern am Montag bei der Präsentation des Marktberichts dazu keinerlei Prognose wagen wollten. Allerdings waren im Jahr 2012 entgegen den bisherigen Gepflogenheiten, die Otto meist kurz mit "Herbstzeit ist Zinshauszeit" umschreibt, auch im ersten Halbjahr schon auffallend hohe Umsätze im Spiel. Zurückgeführt wird das auf die steuerlichen Änderungen des Stabilitätsgesetzes.

Bestand schrumpft weiter

Sicher ist jedenfalls, dass der Bestand an Wiener Zinshäusern neuerlich schrumpfte - und zwar naturgemäß, schließlich kann es bei dieser Statistik aufgrund der Otto-Definition, nur Gründerzeit-Zinshäuser aus den Baujahren 1848 bis 1918 zu berücksichtigen (Details siehe unten), bloß in eine Richtung gehen. Seit dem ersten Zinshausmarktbericht für das Jahr 2009, als noch 15.529 Häuser gezählt wurden, gehen jedes Jahr zwischen 150 und 200 Häuser "verloren" – das heißt, es wird darin entweder Eigentum begründet oder ein Haus wird gleich abgerissen und das Grundstück neu bebaut.

Um 188 Stück befanden sich per 31. Dezember 2012 weniger Wiener Zinshäuser in der Otto-Bestandsliste als ein Jahr zuvor. Deren Anzahl sank damit erstmals unter die Marke von 15.000, nämlich konkret auf 14.997 Stück. "Etwas weniger als jedes zehnte" dieser 188 Häuser wurde laut Eugen Otto tatsächlich abgerissen, der Rest wurde parifiziert, die Wohnungen also ins Eigentum "abverkauft".

Durchschnittspreis 1,6 Millionen Euro

562 Transaktionen haben die Otto-Experten im Jahr 2012 bisher auf dem Wiener Zinshausmarkt gezählt. Die Mindestpreise sind dabei laut Eugen Otto gestiegen. "Innerhalb des Gürtels ist kaum noch ein Zinshaus unter 1.200 Euro je Quadratmeter zu bekommen", berichtete der Wiener Immobilienprofi. Die Obergrenze wird dort zumeist bei 2.500 Euro erreicht.

Der durchschnittliche Preis eines Wiener Gründerzeit-Zinshauses liegt nun bei 1,6 Millionen Euro. Die durchschnittliche Nutzfläche wird mit 1.200 Quadratmeter angegeben.

Bezirke 5, 6 und 7 heiß begehrt

172 Millionen Euro und damit mehr als ein Fünftel des bisherigen Transaktionsvolumens für 2012 wurden in der "Region 4" (Bezirke 5, 6 und 7) umgesetzt, gefolgt von der "Region 3" (3. und 4. Bezirk) mit 139 Millionen Euro. In der "Region 5" (Bezirke 8 und 9), die in den vergangenen Jahren ebenfalls ein sehr beliebtes Anlageziel war, brachen die Umsätze hingegen um 65 Prozent ein. Laut Kern war das auf das sehr geringe Angebot in diesem Gebiet zurückzuführen.

Im 1. Bezirk ("Region 1") wurde mit nur 2,1 Prozent aller Transaktionen immerhin fast ein Siebtel des Transaktionsvolumens (123 Millionen Euro) erzielt. Die Preise in der Innenstadt liegen derzeit zwischen 3.350 und 5.510 Euro je Quadratmeter, die Renditen bewegen sich zwischen 1,4 und 3,4 Prozent. Die höchsten Renditen von bis zu 6,1 Prozent können in den Bezirken 10 und 11 sowie 21 und 22 erzielt werden, liegen hier doch auch die Kaufpreise am niedrigsten (ab 650 Euro/m²).

Versicherungen als Käufer

Bei drei von vier Zinshaus-Transaktionen liegt der Preis unter 2,5 Millionen Euro. Unternehmen haben dabei als Käufer gegenüber Privatpersonen sowohl was die Anzahl der Transaktionen (54 zu 41 Prozent) als auch was das Transaktionsvolumen betrifft (75 zu 17 Prozent) eindeutig die Nase vorne.

Laut Otto-Zinshausexperte Richard Buxbaum ist eine verstärkte Nachfrage von Versicherungen und Projektentwicklern zu beobachten, ebenso von Privatstiftungen und professionellen privaten Investoren. "Auch die internationale Nachfrage ist größer denn je, speziell aus Russland, Bulgarien, Deutschland und der Schweiz verzeichnen wir erhöhtes Interesse." Abgeber sind in 57 Prozent aller Transaktionen, aber nur zu 42 Prozent nach Transaktionsvolumen betrachtet Private. (Martin Putschögl, derStandard.at, 29.4.2013)