Neulich beim Ausmisten, das Kind entwächst jetzt langsam seiner Kinderstube, haben wir ein paar Kisten in Angriff genommen mit altem Zeugs, das sich im Laufe einer Kindheit so ansammelt. Zum Vorschein kamen da: Setzkastenbewohner aus Glas, Diddl-Maus-Blöcke-Sammelmappen (früher dachte ich auch nie, dass es so etwas überhaupt gibt), Lillifee-Klimbim in allen Variationen, und irgendwo dazwischen lag ein bemitleidenswerter Kasperlkopf aus Papiermaschee, krebsrot angemalt, so als wäre er zu heiß gebadet worden, mit grünen Augen und Mund.
Das Kind musste lachen: "Dazu musstest du sagen: Oh, wie wunderschön?" Im Ton dieser Frage klang die pure Bewunderung für meine mütterlichen Fähigkeiten durch, was eigentlich so gut wie nie mehr vorkommt. "Oh ja!", sagte ich und dachte: Musste ich nicht, wollte ich, ja ich konnte gar nicht anders! Der Kasperlkopf, ich erinnere mich: wie kreativ! Wie alle Kinderzeichnungen insgesamt: ausgezeichnet von Beginn an. Oder die selbstgebastelte Duftlampe aus Ton: ein wahres Wunderwerk, bis heute in Verwendung!
Weihnachtsbäume, Osterhasen, Geburtstagsbilletts: Alles habe ich aufgehoben – und ich beginne zu stöbern in meinen alten Kisten, altes Zeugs, das sich so ansammelt im Laufe eines Mutterlebens. Kritzeleien, erste Buchstaben, später ganze Muttertagsgedichte. "Mama, Mama", steht da geschrieben, "es ist so weit. Heute schenke ich dir Zeit. Zeit zum Schlafen und zum Lesen – der letzte Muttertag ist doch auch schön gewesen." Zeit für mich also, zum Schlafen und zum Lesen. "Oh, wie wunderschön!", denke ich. Nach dem Wochenplan ist das Kind am Muttertag nämlich beim Papa. Wer will schon Frühstück ans Bett? (Mia Eidlhuber, derStandard.at, 5.5.2013)