Der Hippocampus, auf dieser MRI-Aufnahme rot markiert, ist unter anderem für die räumliche Orientierung verantwortlich.

Foto: Amber Rieder, Jenna Traynor

Washington - Bestimmte Nervenzellen in der Gehirnregion des Hippocampus sind dafür zuständig, dass sich Menschen und Tiere nicht ständig verlaufen. Diese sogenannten Platzzellen repräsentieren jeweils einen bestimmten Ort. Die Neuronen beginnen zu feuern, wenn man sich am repräsentierten Ort befindet. Zusammen gestalten die Platzzellen eine Art "kognitive Landkarte" im Gehirn von Menschen und anderen Säugetieren. Sie hilft, dass wir uns räumlich zurechtfinden.

Eine Gruppe von Wissenschaftern um Pascal Ravassard von der University of California in Los Angeles hat sich mit der Frage beschäftigt, aufgrund welcher Wahrnehmungen diese Platzzellen im Hirn codiert werden. Reichen visuelle Informationen und jene über die eigene Bewegung aus, um eine vollständige kognitive Karte anzulegen? Die Forschung ging bis jetzt davon aus.

Um mehr über das Entstehen dieser inneren Landkarte herauszufinden, entwickelten Ravassard und seine Kollegen ein spezielles, auf Ratten zugeschnittenes System einer virtuellen Welt, die der realen gleicht. Die Ratten mussten sowohl in der virtuellen als auch in der realen Umgebung eine gewisse Wegstrecke zurücklegen, während die Aktivität ihrer Platzzellen im Gehirn von den Forschern gemessen wurde.

In der realen Welt mehr Platzzellen aktiv

In der virtuellen Umgebung reduzierten sich die Wahrnehmungen der Tiere auf visuelle Reize und Informationen über die eigene Bewegung. Die Tiere zeigten in den beiden Umgebungen äußerlich keine großen Unterschiede und legten in der virtuellen Welt die Strecke fast genauso schnell zurück wie in der realen. Vor der virtuellen Wand am Ende der Strecke bremsten sie ab.

Die Forscher fanden heraus, dass in der realen Welt doppelt so viele Platzzellen aktiv waren als in der virtuellen. Während die Neuronen in der realen Umgebung ihre übliche Aufgabe wahrnahmen und die Position der Ratten festschrieben, schien es, als würden in der virtuellen Welt lediglich die Entfernungen von den Platzzellen codiert, erklären die Forscher in "Science". Die Frequenz der Entladungen der Ortszellen, der sogenannte Theta-Rhythmus, der mit den Bewegungen der Ratte zusammenhängt, reduzierte sich in der virtuellen Realität.

Insgesamt legen die Ergebnisse also nahe, dass mehr Wahrnehmungen, also etwa auch Geruch und Töne, zusammenarbeiten, um die Platzzellen im vollen Ausmaß zu aktivieren. (pum, DER STANDARD, 03.05.2013)