Auf welchem System würden Sie gerne "Grand Theft Auto 5" spielen?

Foto: Rockstar Games

Die jüngste Vorstellungsrunde von "Grand Theft Auto 5" (GTA 5) brachte für mich zwei Enttäuschungen mit sich: Zum einen wurde ich, wie die meisten europäischen Medienvertreter, nicht eingeladen, ein Auge auf das Gangster-Epos zu werfen. Zum anderen ließ Hersteller Rockstar weiterhin mit der Ankündigungen für PC, PS4 und die kommende Xbox auf sich warten. Letzteres betrübt mich nicht nur mehr als der gekränkte Stolz, es macht mir auch Sorgen, dass die Öffentlichkeit "GTA 5" vielleicht nie so zu Gesicht bekommen wird, wie es von seinen Schöpfern erträumt wurde.

Es geht um Atmosphäre

"GTA 5" ist ein wahnsinnig ambitioniertes Spiel. 3,5 Mal größer als die Prärie von "Read Dead Redemption", mit mehr Inhalten, einer dichteren Bevölkerung, lebendigeren Städten und gleich drei Protagonisten und Handlungssträngen. Dabei basiert es nicht nur auf der gleichen Entwicklungs-Engine wie das Westernabenteuer, sondern erscheint drei Jahre später auch noch auf der gleichen, mittlerweile angestaubten Hardware. Das bedeutet, dass Rockstar ein Wunder vollbracht haben müsste, sollte "GTA 5" ohne Abstriche auf PS3 und Xbox 360 laufen. Und die ersten Vorschauen deuten leider darauf hin, dass Spieler wie einst bei "GTA: San Andreas" für die damals bereits betagte PS2 mit jeder Menge technischen Einbußen wie aufspringenden Texturen, geringerer Auflösung und einer eingeschränkter Sichtweite rechnen müssen.      

Wenngleich sich die Qualität eines Spiels nur in beschränktem Maße an der technischen Umsetzung bemessen lässt, betrübt es zu wissen, dass diese fabelhafte Welt noch schöner aussehen und noch intensiver sein könnte, würde sie nicht durch technologische Zügel zurückgehalten.

Nicht die volle Pracht

Ein Vergleich, der mir dabei in den Sinn kommt, ist der Unterschied zwischen traditionellen und modernen Operninszenierungen. Im wunderschönen Kolosseum von Verona wird (jährlich?) Giuseppe Verdis Oper "Aida" aufgeführt. Imposant, mit hunderte Sänger starken Chören und allem Tralala. Doch es gab eine Zeit, in der das Schauspiel rund um Ägypten und Pharaone mit echten Elefanten, unschätzbar teuren Kostümen und einer riesigen Schar von Komparsen aufgeführt wurde. Zum Glück ist dies aus Tierschutzgründen nicht mehr möglich, doch versuchen Sie sich einfach für einen Moment in die Lage des Zuschauers zu versetzen, der "Aida" Anfang 1900 und dann Anfang 2000 sehen durfte. So gut Ihr Vorstellungsvermögen auch sein mag, Verdis Vision wurde vor 100 Jahren um Tonnen stampfender Giganten eindrucksvoller zum Leben erweckt.

Und würde Spielern die Chance gegeben, "GTA 5" auf einem modernen PC oder eine der neuen Konsolen zu erleben, hätten sie die Möglichkeit, dieses fünf Jahre lang von hunderten Menschen kreierte Werk in seiner vollen Pracht zu erleben. Und nicht nur in der Form, in der es den potentiell größten Markt gerecht wird.

Digitaler Tourismus

Es gibt Spiele, bei denen es auf derartige Finessen nicht ankommt. Und es wäre übertrieben zu behaupten, dass technische Mängel ein "GTA" ruinieren würden. Doch mehr denn jede andere virtuelle Welt lädt in diesem Fall das persiflierte Kalifornien San Andreas zum digitalen Tourismus ein. "GTA" spielt man nicht einfach, man taucht darin ein. Genießt nach einer rasanten Fahrt im Kabrio die Aussicht auf einem Berg über der Stadt oder springt aus einem Flugzeug und erfreut sich an Wolkenkratzern, die aus der Höhe klein wie Bauklötze erscheinen. Mir fällt ad hoc kein Spiel ein, bei dem die Liebe zum Detail mehr zur Atmosphäre beitragen kann. Vielleicht gerade deshalb, weil "GTA" kein reines Stück Fiktion ist, sondern eine Parallelwelt simuliert und uns nicht in ein Märchen, sondern in eine alternative Realität versetzt. Oder anders ausgedrückt: Für mich ist "GTA" das Disney Land für Erwachsene, das unweigerlich an Zauber verliert, wenn die Pappe der Kulisse schon am Eingang zu sehen ist.

Dass "GTA 5" auf PCs entwickelt wird, lässt hoffen, dass es zumindest zu einem späteren Zeitpunkt auch auf moderneren Plattformen erscheint. Die Erfahrung mit Rockstars eigenwilligen Entwicklungszyklen stimmt gleichzeitig pessimistisch. Bleibt zu hoffen, dass die Marketingmaschinerie hinter den Ende des Jahres kommenden neuen Konsolen von Sony und Microsoft Anreiz genug sind, die Hardcore-Fans nicht allzu lange auf eine Hochglanzversion von San Andreas warten zu lassen. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 4.5.2013)

(Video: Blockbuster: Die größten Games im Mai)

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