München (Bayern) - In der Affäre des bayerischen Landtags um die Beschäftigung naher Angehöriger hat SPD-Spitzenkandidat Christian Ude den Rücktritt von fünf CSU-Kabinettsmitgliedern gefordert. Kultusminister Ludwig Spaenle, Landwirtschaftsminister Helmut Brunner sowie drei Staatssekretäre sollten zurücktreten, weil sie ihrer Ehefrauen als Bürohilfen angestellt hatten, erklärte Ude am Freitag. Laut einer Liste des Landtags nutzen insgesamt 79 Abgeordnete die umstrittene Altfallregelung und beschäftigten Verwandte.
Die bayerische Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) veröffentlichte am Freitag eine Liste mit den Namen aller betroffenen Abgeordneten. Bei den meisten handelte es sich um CSU-Mitglieder, darunter waren aber auch SPD-Parlamentarier und in einem Fall ein Grüne-Abgeordnete.
Regierungskrise
In Bayern ist es den Abgeordneten seit dem Jahr 2000 verboten, enge Angehörige auf Steuerzahlerkosten zu beschäftigen. Es gibt aber eine Übergangslösung für schon damals bestehende Altfälle. Diese nutzten zuletzt nur noch CSU-Abgeordnete. Zu den Profiteuren der Altfallregelung zählen auch mehrere Minister und Staatssekretäre der CSU aus dem aktuellen Kabinett von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU).
Ude sprach von einer schweren Regierungskrise. Der Vorsitzende der Bayern-SPD Florian Pronold, schlug eine externe Aufsicht zur Kontrolle des Seehofer-Kabinetts vor. "Selbst wenn sie nicht gegen das Gesetz verstoßen haben, ist es auffällig, wie viele CSU-Kabinettsmitglieder ohne Scham ihre Verwandten beschäftigt haben", sagte Pronold "Handelsblatt Online". Der Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen (JuLi), Lasse Becker, sagte dem Blatt: "Dass die Steuerzahler ganze Abgeordnetenclans durchfüttern, ist unentschuldbar und muss Konsequenzen haben."
Mitverstrickung der SPD
CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt bezeichnete die Rücktrittsforderungen als "übles und durchsichtiges Wahlkampfmanöver". Es werde Ude nicht gelingen, damit von der erheblichen Mitverstrickung von SPD-Abgeordneten abzulenken. CSU-Fraktionschefin Christa Stewens warnte vor pauschalen Verurteilungen. Die Lebensleistung von Abgeordneten und deren Familienmitgliedern dürfe damit nicht diskreditiert werden.
Stamm verwies darauf, dass die Übergangsregelung geltendes Recht sei und sich die Abgeordneten guten Gewissens darauf berufen könnten. Sie räumte aber ein, dass "eine so lange Übergangsregelung nicht mehr vermittelbar" sei. Bereits bei der nächsten Landtagssitzung am 16. Mai sei geplant, ein neues Gesetz zu verabschieden. Danach sollen ab 1. Juni Verwandte ersten, zweiten und dritten Grades sowie Verschwägerte oder Lebenspartner nicht mehr aus der Mitarbeiterentschädigung bezahlt werden.
Wahlchancen der CSU verschlechtert
Über die Affäre stürzte bereits CSU-Landtagsfraktionschef Georg Schmid, der seine Frau für bis zu 5500 Euro im Monat beschäftigte. Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) räumte in der "Augsburger Allgemeinen" vom Freitag ein, dass sie ihrer Schwester durchschnittlich "etwa 1200 Euro monatlich" für Dienstleistungen in Zusammenhang mit ihrem Landtagsabgeordnetenmandat gezahlt hat. Sie sei sich aber "keiner Schuld bewusst gewesen".
Nach Einschätzung des Passauer Politikwissenschaftlers Heinrich Oberreuter wird die Affäre um Vetternwirtschaft die Wahlchancen der CSU bei der Landtagswahl erheblich verschlechtern. "Die Affäre ist ein erheblicher Rückschlag für die Partei, vor allem für ihre Aussichten, im Herbst wieder mit einer eigenen Mehrheit der Mandate regieren zu können", sagte Oberreuter der Onlineausgabe des "Handelsblatts". (APA, 3.5.2013)